Z Gastroenterol 2015; 53 - KG260
DOI: 10.1055/s-0035-1559286

Störungen nervaler Erregbarkeit in Biopsien von RDS Patienten

D Ostertag 1, S Bühner 1, M Götzberger 2, N Lukas 2, M Kurjak 3, C Pehl 4, M Schemann 1
  • 1Technische Universität München, Lehrstuhl für Humanbiologie, Freising, Deutschland
  • 2Klinikum Freising, Gastroenterologie, Freising, Deutschland
  • 3Zentrum für Gastroenterologie, München, Deutschland
  • 4Klinikum Vilsbiburg, Neurogastroenterologie, Vilsbiburg, Deutschland

Als Ursache für das Reizdarmsyndrom (RDS) erhärten sich die Hinweise auf eine Fehlfunktion des enterischen Nervensystems. Wir haben die neuronale Aktivität von submukösen Ganglien von RDS Patienten mit gesunden Kontrollen verglichen.

Die Experimente wurden an Routinebiopsien aus dem Sigma von 24 RDS-Patienten (47 ± 14 Jahre), die nach den ROME III Kriterien diagnostiziert worden waren, und 9 gesunden Kontrollen (HC; 57 ± 11 Jahre) durchgeführt. Die Messung von neuronaler Aktivität erfolgte mittels eines calciumsensitiven Farbstoffs. Sie wurde ausgedrückt als Neuroindex, der das Produkt des maximalen intrazellulären Calciumanstiegs und der prozentual antwortenden Fläche des Ganglions repräsentiert.

Die neuronale Aktivität nach Applikation von Nikotin war nicht unterschiedlich zwischen den beiden Gruppen (Neuroindex 645 für HC und 394 für RDS, p = 0,153). Die RDS-Subgruppen unterschieden sich nicht signifikant (Neuroindex 249,5 für RDS-D, 1019,13 für RDS-C und 486,9 für RDS-M, p = 0,110). Auch elektrische Stimulation an einem interganglionären Faserstrang führte zu einer vergleichbaren Aktivierung der Neurone in beiden Gruppen (Neuroindex 185 für HC und 152 für RDS, p = 0,756). Ein deutlicher Unterschied zeigte sich nach Applikation eines selbst hergestellten RDS-Mediator-Cocktails, bestehend aus Histamin, Serotonin, Tryptase und TNF-α. Dieser Cocktail aktivierte 71% der Ganglien in HC-Biopsien, in RDS-Biopsien hingegen nur 33% der Ganglien (p = 0,09). Die neuronale Aktivität der Ganglien, in denen ein intrazellulärer Calcium-anstieg gemessen werden konnte, war signifikant niedriger in RDS-Biopsien (Neuroindex 60,6 für RDS und 456,6 für HC, p = 0,005).

Mit der vorliegenden Studie konnte zum ersten Mal Nervenaktivität in Routinebiopsien von RDS-Patienten abgeleitet werden. Während die neuronale Aktivität auf Nikotin sowie nach synaptischer Stimulation in RDS-Patienten vergleichbar mit der in HC war, zeigte sich eine deutlich erniedrigte Aktivierbarkeit durch den RDS-spezifischen Mediator-Cocktail bei RDS-Patienten. Diese Mediatoren werden in der Darmwand der RDS Patienten vermehrt freigesetzt. Die Desensibilisierung ist daher wahrscheinlich eine Reaktion auf den chronischen Kontakt der Neurone mit den Mediatoren.