Z Gastroenterol 2015; 53 - KC004
DOI: 10.1055/s-0035-1559394

Lymphgefäßversiegelung durch Fibrinkleber und -vlies zur Vermeidung postoperativer Lymphozelen nach radikaler inguinaler Lymphadenektomie: Ein systematisches Review und Metaanalyse

A Gerken 1, J Dobroschke 2, C Reißfelder 2, F Herrle 1, K Nowak 1
  • 1Medizinische Fakultät der Universität Heidelberg, Universitätsmedizin Mannheim, Chirurgische Klinik, Mannheim, Deutschland
  • 2Universitätsklinikum Dresden, Klinik und Poliklinik für Viszeral-, Thorax- und Gefäßchirurgie, Chirurgie, Dresden, Deutschland

Lymphozelen sind häufig auftretende und belastende Komplikationen nach radikaler Lymphknotendissektion. Gewebevliese und -kleber wie TachoSil, Tisseel, Tissucol sind zur Versiegelung von Wundflächen zugelassen und haben das Potential, die Lymphfistelrate und postoperative Wundkomplikationen zu reduzieren. Ziel der vorliegenden Übersichtsarbeit war die Evaluation dieser Produkte nach radikaler inguinaler Lymphadenektomie hinsichtlich Lymphozelenrate und postoperativer Wundkomplikationen.

Eine systematische Literatursuche wurde für die Datenbanken Medline, Web of Science, Embase und Cochrane Library konzipiert und im Juni 2014 ausgeführt. Eingeschlossen wurden randomisierte Studien oder Studien mit Vergleichsgruppen. Primärer Endpunkt war das Auftreten postoperativer Lymphozelen. Sekundärer Endpunkt waren postoperative Wundkomplikationen. Literatursuche, -auswahl, Bias-Risiko-Bewertung und Datenextraktion wurden gemäß Cochrane-Methodik und PRISMA-Reporting-Standards durchgeführt.

Die Suche erbrachte 1013 Treffer, wovon sechs RCTs aus den Jahren 1986 bis 2012 eingeschlossen werden konnten. Alle Studien untersuchten die Lymphgefäßversiegelung bei Patienten mit malignem Melanom und radikaler inguinaler Lymphknotendissektion. Die Bias-Bewertung ergab bei zwei Studien ein geringes, bei den restlichen vier ein unklares oder hohes Risiko. Der Endpunkt Lymphozele konnte wegen heterogener Endpunktdefinition und Effekt-Maße nicht adäquat gepoolt werden. Die zwei RCTs mit niedrigem Bias-Risiko ergaben keinen präventiven Effekt der Fibrin-Versiegelung mit Tisseel im Vergleich zur Standardtechnik. Drei RCTs zeigten einen signifikanten Effekt der Gewebeversiegelung mit TachoSil oder Tisseel und Tissucol (je eine Studie).

Die Endpunkte „Serombildung“ bzw. „Wundinfektionen“ ergaben in der Metaanalyse keine signifikanten Unterschiede bei der Anwendung von Gewebeversiegelungsprodukten verglichen mit der Standard-Lymphadenektomie (RR 1,12 [0,67, 1,86] bzw. RR 0,83 [0,50, 1,36]).

Basierend auf der aktuellen Evidenz führt die Anwendung von Fibrinvlies oder -kleber bei der radikalen inguinalen Lymphknotendissektion zu heterogenen Ergebnissen für eine potentielle Reduktion der Lymphozelenrate. RCTs mit standardisierter Endpunktdefinition und größerer Population sollten folgen.