Gesundheitswesen 2015; 77 - A11
DOI: 10.1055/s-0035-1562967

Sag ich's oder sag ich's nicht? Konstruktion einer Entscheidungshilfe (Decision Aid) für Arbeitnehmer mit einer chronischen Erkrankung zum „Coming out“ am Arbeitsplatz

M Niehaus 1, J Bauer 1
  • 1Universität zu Köln, Köln

Hintergrund: Im Zuge demographischer Veränderungen nimmt die Anzahl chronisch erkrankter Personen zu. Der mit dem Wandel verbundene Fachkräftemangel verstärkt die Notwendigkeit, dass auch chronisch kranke Personen weiterhin am Erwerbsleben partizipieren. Erst langsam beginnen Arbeitgeber die Trends des demographischen Wandels und Fachkräftemangels als gegenwärtige Herausforderungen zu begreifen und entsprechende Personal- und Unternehmensstrategien zu entwickeln. Weitgehend sind Arbeitnehmer, die mit der Diagnose einer chronischen Erkrankung konfrontiert werden, jedoch noch damit allein gelassen, ob und wie sie diese dem Arbeitgeber kommunizieren sollen. Die dahinter stehenden Abwägungen sind komplex. So spielen beispielsweise rechtliche und betriebliche Rahmenbedingungen, das Arbeitsklima oder mit der Krankheit einhergehende Beeinträchtigungen eine Rolle. Der Entscheidungsprozess kann schnell zur Überforderung für Betroffene werden. Ein willkommener „Berater“ ist daher das Internet, in dem sich anonym Informationen zu allen erdenklichen Themen finden lassen. Doch die Zuverlässigkeit und Seriosität der verfügbaren Informationen ist nicht gesichert. Zielsetzungen: Zur professionellen Unterstützung der ersten Auseinandersetzung mit der Thematik ist daher ein Portal geplant, das online und anonym zu allen relevanten Aspekten des Coming Out am Arbeitsplatz Informationen und Reflexionshilfen zur Verfügung stellt (Decision Aid). Wichtig ist, dass das Onlineangebot die tatsächlichen Bedarfe der Zielgruppe berücksichtigt und eine Entscheidungshilfe auf Augenhöhe bietet, die wissenschaftlich fundiert ist. Dies ist das Ziel des vorliegenden Projektes. Methodik: Die geplante Entscheidungshilfe soll in einem mehrstufigen Prozess entstehen. Dabei wechseln sich wissenschaftliche Auseinandersetzung (mit bestehenden Entscheidungshilfen sowie relevanten theoretischen Modellen und empirischen Befunden) und Expertenbefragungen zur Nützlichkeit, Akzeptanz und Praktikabilität der angestrebten Entscheidungshilfe ab. Als Experten dienen wichtige Stakeholder (z.B. Werks-/Betriebsarzt, SBV, Selbsthilfe, Arbeitgeber, Jurist, Betriebs-/Personalrat, BEM-Beauftragter, betroffene Person). Dieses mehrstufige Vorgehen soll sowohl die wissenschaftliche Fundierung als auch die Zielgruppenfokussierung sicherstellen. Abschließend sollen die so identifizierten entscheidungsrelevanten Faktoren inhaltlich für eine EDV-gestütze Entscheidungshilfe aufgearbeitet werden, die dann wiederum hinsichtlich Usability evaluiert werden soll.