Gesundheitswesen 2015; 77 - A49
DOI: 10.1055/s-0035-1563005

Soziale Ungleichheit bei der Inanspruchnahme onkologischer Nachsorgemaßnahmen

K Hofreuter-Gätgens 1, J Klein 1, C Pommeranz 1, O von dem Knesebeck 2
  • 1Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Hamburg
  • 2Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut für Medizinische Soziologie (IMS), Hamburg

Hintergrund: Bei der Erforschung sozial ungleicher Inanspruchnahme von gesundheitsbezogenen Maßnahmen liegen derzeit inkonsistente Studienergebnisse vor. Weitgehend unerforscht sind bislang Inanspruchnahmeungleichheiten bei der onkologischen Nachbehandlung. Die vorliegende Studie analysiert daher, inwieweit soziale Ungleichheiten bei der Inanspruchnahme von Maßnahmen nach der akutstationären Behandlung bei Prostata- und Brustkrebspatienten bestehen. Methodik: Es wurde eine längsschnittliche Beobachtungsstudie mit zwei Messzeitpunkten (t0 Ende des stationären Aufenthaltes, t1 6 Monate danach) durchgeführt. Insgesamt wurden 483 primärerkrankte Patienten mit Brust- oder Prostatakrebs in onkologischen Akutkliniken in Hamburg schriftlich befragt. Der soziale Status wurde anhand der Indikatoren Beruf, Bildung und Einkommen sowie durch den Krankenversichertenstatus erfasst. Als Zielvariablen gelten die Inanspruchnahme psychosozialer Maßnahmen, medizinischer Rehabilitation, alternativer Medizin und ambulanter Sporttherapie. Die logistischen Regressionsanalyen wurden getrennt nach Entitäten unter Kontrolle von Alter und erkrankungsbezogenen Faktoren (Schwere der Krebserkrankung und psychische Komorbidität) durchgeführt. Ergebnisse: Die Zusammenhänge zwischen sozialer Ungleichheit und der Inanspruchnahme sind insgesamt schwach und variieren in Abhängigkeit von den Ungleichheitsindikatoren und den gesundheitsbezogenen Maßnahmen. Für das Einkommen zeigen sich keine Hinweise auf signifikante Zusammenhänge. Am stärksten ist der Krankenversichertenstatus mit der Inanspruchnahme von Nachsorgemaßnahmen assoziiert. Auch für Bildung und Beruf ergeben sich einzelne signifikante Zusammenhänge. Wenn sich signifikante Zusammenhänge zeigen, lassen sich diese nicht durch erkrankungsbezogene Faktoren erklären. Es zeigen sich keine systematischen Unterschiede zwischen den Krebslokalisationen. Diskussion: Die gefundenen Zusammenhänge zwischen sozialer Ungleichheit und der Inanspruchnahme von Nachsorgemaßnahmen bei Brust- und Prostatakrebspatienten sind schwach und inkonsistent. Da die Zusammenhänge unabhängig von der Erkrankungsschwere und von psychischer Komorbidität sind, sind die Ungleichheiten nicht auf Unterschiede im Bedarf zurückzuführen.