Gesundheitswesen 2015; 77 - A119
DOI: 10.1055/s-0035-1563075

Zum Einfluss mütterlicher sozioökonomischer Merkmale auf das Auftreten eines zu geringen Geburtsgewichts – Befunde einer Fall-Kontroll-Studie

T Altenhöner 1, M Köhler 1, M Philippi 2, 3
  • 1FH Bielefeld, Bielefeld
  • 2Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) des Saarlandes, Saarbrücken
  • 3Hochschule für Technik und Wirtschaft des Saarlandes, Saarbrücken

Hintergrund: In Deutschland kommen jährlich etwa 7 von 100 Neugeborenen mit einem zu niedrigen Geburtsgewicht (< 2500 Gramm) oder als Frühgeborene (vor Vollendung der 37. Schwangerschaftswoche) zur Welt. Neben hohen Kosten, die dadurch dem Gesundheitssystem entstehen, verfügen diese Kinder über schlechtere Startbedingungen, die sich auf die gesamte Lebensspanne auswirken können. So erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, bereits in der Perinatalphase zu versterben, sowie das Risiko des späteren Auftretens von Zivilisationserkrankungen wie Diabetes mellitus Typ II oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Gleichzeitig kann die Entwicklung im Kleinkind- und Schulalter ungünstig beeinflusst werden. In einer Fall-Kontroll-Studie wurde untersucht, inwieweit neben bekannten Faktoren (medizinische Ursachen, Gesundheitsverhalten), sozioökonomische Merkmale (Bildung und Einkommen) sowie Indikatoren der sozialen Lage wie Migrationshintergrund oder die Erwerbssituation der Mutter, für das Auftreten zu niedrigen Geburtsgewichts relevant sind. Methoden: Im Perinatalzentrum des Klinikums Saarbrücken wurden von Juli 2011 bis Dezember 2013 insgesamt 131 Mütter von Einlingen mit einem Geburtsgewicht von maximal 2500 Gramm (Fälle) sowie 323 Mütter mit normalgewichtigen Kindern (Kontrollen) mit schriftlichen Fragebögen zu soziodemografischen und sozioökonomischen Aspekten sowie zu ihrem Gesundheitsverhalten befragt. Die Erhebung wurde ergänzt durch einen vom Fachpersonal ausgefüllten Fragebogen zu medizinischen Diagnosen. Ergebnisse: Schwangere mit niedriger Schulbildung oder geringem Einkommen sowie nicht Erwerbstätige hatten – unabhängig von der Diagnose einer Schwangerschaftshypertonie und/oder von Uterusfehlbildungen beziehungsweise bedeutsamer Gesundheitsverhaltensweisen – eine höhere Chance auf ein untergewichtiges Neugeborenes. Für den Migrationshintergrund ließ sich kein Einfluss nachweisen. Diskussion: Die Befunde zeigen, dass gesundheitliche Ungleichheit bereits vor der Geburt beginnt. Bezieht man ein, dass Frühgeborene aus sozial schwächeren Familien gegenüber denjenigen von sozioökonomisch besser gestellten Müttern ohnehin schlechtere Entwicklungschancen haben, wird die Bedeutung primärpräventiver Maßnahmen in diesem Bereich nochmals deutlicher. Sozioökonomischen Determinanten sollte in der Versorgung und Begleitung Schwangerer systematisch und frühzeitig besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden. Bei Bedarf sollten angemessene, zugehende Präventionsmaßnahmen eingeleitet werden.

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