Gesundheitswesen 2015; 77 - A136
DOI: 10.1055/s-0035-1563092

FlexA-Update: Flexibilisierung, Erreichbarkeit und Entgrenzung in der Arbeitswelt – Erste Ergebnisse nach Abschluss der Beschäftigten-Befragung und der Unternehmens-Workshops

S Kolb 1, E Palm 2, B Heiden 3, B Herbig 3, G Lüke 4, D Nowak 3, J Glaser 2, C Herr 1
  • 1Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, München
  • 2Institut für Psychologie, Universität Innsbruck, Innsbruck
  • 3Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin, Klinikum der LMU München, München
  • 4Industrie- und Handelskammer für München und Oberbayern, München

Neue Informations- und Kommunikationstechnologien (ICT) haben wesentlichen Anteil an der zu verzeichnenden Zunahme flexibler Arbeitsformen. Bislang vorliegende Studienergebnisse weisen auf positive Effekte neuer Arbeitsformen im Hinblick auf die Vereinbarkeit persönlicher und beruflicher Anforderungen hin. Gleichzeitig sind Tendenzen der Selbstüberforderung und der Erschöpfung zu verzeichnen. Untersuchungen hierzu fokussieren sich hauptsächlich auf große Unternehmen. Die Situation in kleinen und mittleren Unternehmen wurde noch kaum betrachtet. Im Rahmen der vom Staatsministerium für Gesundheit und Pflege (StMGP) geförderten Längsschnittstudie zur Flexibilisierung von Arbeit (FlexA) wurde auf Grundlage einer Befragung die Belastungs- und Beanspruchungssituation von Beschäftigten in kleinen und mittleren Unternehmen in Bayern untersucht. Die Befragung umfasste neben Kriterien der Flexibilisierung, Erreichbarkeit und Entgrenzung, Anforderungen/Stressoren/Ressourcen, Gesundheitsaspekte sowie das generelle Befinden. Basierend auf den Ergebnissen wurden mit Beschäftigten in Workshops Optimierungsansätze entwickelt und diskutiert. Es konnten 10 Betriebe unterschiedlicher Branchen für die Teilnahme gewonnen werden. 369 von 777 (47,5%) Beschäftigten haben an der Befragung teilgenommen. Optimierungs-Workshops wurden in 5 Unternehmen durchgeführt. Merkmale flexiblen Arbeitens (Nutzung mobiler Geräte, Erreichbarkeit und Erledigung beruflicher Aufgaben außerhalb der Arbeitszeit) zeigen in den Unternehmen/Branchen zum Teil stark unterschiedliche Ausprägungen. Im Erleben von Erreichbarkeitsanforderungen seitens des Betriebs sowie hinsichtlich der Bereitschaft, erreichbar zu sein, unterscheiden sich die Beschäftigten deutlich. Konflikte zwischen Arbeit und Privatleben geben die Beschäftigten auf einem mittleren Niveau an. In den Workshops wurden Maßnahmen auf Verhältnis- und Verhaltensebene diskutiert. Es wurde deutlich, dass bei Veränderungen alle Ebenen der Arbeitsgestaltung beachtet und angepasst werden müssen, z.B. Arbeitszeitgestaltung, Führungsqualität, Personalentwicklung. Die aktuell vorliegenden Daten weisen darauf hin, dass die Relevanz flexiblen Arbeitens in kleinen und mittleren Unternehmen sehr unterschiedlich und vermutlich branchenabhängig ist. Branchenübergreifend wurden als relevante Hindernisse bei vielen Veränderungsoptionen Rahmenbedingungen wie Unternehmensgröße, Konkurrenzsituation oder spezielle Beschäftigtengruppen genannt. Für Rückschlüsse auf gesundheitliche Auswirkungen flexiblen Arbeitens müssen vertiefende Analysen, insbesondere im Anschluss an die Zweitbefragung im Herbst 2015 abgewartet werden.