Z Geburtshilfe Neonatol 2015; 219 - P08_4
DOI: 10.1055/s-0035-1566661

Das Wolf-Hirschhorn-Syndrom (WHS) – eine interdisziplinäre Herausforderung

U Friebe-Hoffmann 1, K Lato 1, F Reister 1, E Wolf 2, H Hummler 3, W Lindner 3
  • 1Universitätsfrauenklinik, Ulm, Germany
  • 2Katholische Beratungsstelle für Schwangerschaftsfragen, Neu-Ulm, Germany
  • 3Universitätskinderklinik, Ulm, Germany

Ein auffälliger Pränatalbefund ist für eine Schwangere, vor allem bei der Frage nach Fortführung der Schwangerschaft, von großer Bedeutung. Das WHS ist eine komplexe Entwicklungsstörung, die sich durch kraniofaziale Dysmorphien, Minderwuchs, Muskelhypotonie, psychomotorischer Retardierung und Anfallsleiden auszeichnet. Zusätzlich werden oft LKGS, Anomalien des Skelett- und Urogenitalsystems sowie des ZNS beschrieben. 1/3 der Kinder verstirbt im 1. Lebensjahr, Sprachvermögen sowie -verständnis der Kinder sind stark limitiert.

In der 11 + 0 SSW ergab sich bei einer 38-j. G4 P1 im ETS ein Risiko für Trisomie 13, 18 & 21 von 1: 13, 1:4 & 1:37. Die nachfolgende CVS zeigte in der Langzeitkultur eine terminale Deletion des kurzen Arms des Chrom. 4, vereinbar mit einem Wolf-Hirschhorn-Syndrom (46, XX, del (4) (p15.3.) ish del (4) (p16.3p16.3) (WHS-, XCP4+)). Sonographisch ließen sich eine Diaphragmalhernie links sowie eine beidseitige LKGS und kraniale Dysmorphien darstellen.

Nach Diagnosestellung entschieden sich die betroffenen Eltern für einen Schwangerschaftsabbruch; nach Beratung mit verschiedenen Fachdisziplinen (Pränatalmedizin, Genetik, Geburtshilfe, Pädiatrie sowie eine externe PND-Beratungsstelle) wurde die Entscheidung jedoch revidiert und die Schwangerschaft im Bewusstsein aller möglicher Konsequenzen fortgeführt. Die Schwangerschaftsbegleitung erfolgte im interdisziplinären Setting bis zur Entbindung per sek. Sectio in der 38 + 3 SSW. Bei ausgeprägtem IUGR, bekannten Fehlbildungen und pulmonaler Hypoplasie und Hypertonie sowie konnataler Infektion verstarb das Neugeborene am 4. pp Tag bei schwerster Gasaustauschstörung vor Erreichen einer OP-Fähigkeit bei seinen Eltern, die nachdrücklich mit dem beschriebenen SS-Verlauf im Einklang sind.

Der vorliegen Fall eines fetal diagnostizierten WHS zeigt, wie selbst bei schlechter kindlicher Prognose im interdisziplinären Betreuungskonzept Eltern eine gute Chance auf Fortführung der Schwangerschaft gegeben werden kann.