Z Gastroenterol 2015; 53 - A2_24
DOI: 10.1055/s-0035-1567996

Hepatitis B Reaktivierung unter Chemotherapie und Immunsuppression – eine monozentrische Studie an 4868 Patienten

S Mielke 1, S Kreißl-Kemmer 2, EC Scharbatke 3, J Weiss 2, HP Tony 3, B Weißbrich 4, A Geier 2
  • 1Universität Würzburg, Medizinische Klinik und Poliklinik II, Hämatologie und Onkologie, Würzburg, Deutschland
  • 2Universität Würzburg, Medizinische Klinik und Poliklinik II, Hepatologie, Würzburg, Deutschland
  • 3Universität Würzburg, Medizinische Klinik und Poliklinik II, Rheumatologie/Immunologie, Würzburg, Deutschland
  • 4Universität Würzburg, Institut für Virologie und Immunbiologie, Würzburg, Deutschland

Hintergrund:

Eine Hepatitis B (HBV)-Reaktivierung unter Immunsuppression (IST) oder Chemotherapie (CTX) ist eine vermeidbare Komplikation, die mit einer hohen Mortalität und Morbidität verbunden ist. Für Europa gibt es kaum Daten zu Reaktivierungshäufigkeit, Risikofaktoren und Outcome.

Methoden:

Retrospektive, monozentrische Analyse, 4868 Patienten mit CTX oder IST 08/2002 – 12/2011. Erfasst wurden u.a. CTX-Schema und Virologiebefunde. Bei HBV-Reaktivierung erfolgte eine detaillierte Analyse von Patientencharakteristika, Serologie, Management und Outcome.

Ergebnisse:

Von 4868 Patienten wurden 66,2% mindestens einmal auf HBV getestet, 8% davon waren anti-HBc positiv. 1% wies eine chronische HBV-Infektion (HBSAg und/oder HBV DNA positiv) auf, bei 6% davon trat ein Flare unter CTX auf. In 1% anti-HBc-only-Status, davon reaktivierten 14%. Ausgeheilte HBV-Infektion bei 6% der HBV-getesteten, 2% davon mit Reaktivierung.

Insgesamt 22 Reaktivierungspatienten (0,75% der HBV-getesteten; 10% der anti-HBc positiven; Diagnose 57,5 ± 63,5 Monate nach Beginn der CTX). 19/22 Reaktivierungspatienten überlebten, 2 verstorben (1 Leber-assoziiert), ein Outcome unbekannt. HBV-Infektion vor Reaktivierungsdiagnose bei 17/22 bekannt, bei 2 Reaktivierungsprophylaxe indiziert, einer erhielt die Prophylaxe. 15/22 erhielten CTX (1 allogene/1 autologe Stammzelltransplantation), 7 IST (5 rheumatologische, 2 Autoimmun-Erkrankungen). 8/22 erhielten Rituximab, 7 Anthrazykline, 16 Kortikosteroide. 12/22 hatten eine Lymphozytopenie zum Reaktivierungs-Zeitpunkt. HBV-Reaktivierungstherapie mit Entecavir n = 5, Lamivudin n = 6, Tenofovir n = 1 Telbivudin n = 1, 3 dokumentierte Therapieempfehlungen, 5 ohne dokumentierte Therapie. Viruslast bei Reaktivierung 1,7E+03 (n = 22 HBV-DNA-positiv/n = 6 HBsAg-positiv, n = 15 HBsAg-negativ), negative HBV-DNA 6,4 ± 8,0 Monate nach Beginn der HBV-Reaktivierungstherapie.

Schlussfolgerung:

Die bisherige Datenanalyse zeigt, dass auch in Deutschland eine HBV-Reaktivierung ein zwar seltenes aber dennoch klinisch relevantes Problem darstellt. Alle Patienten sollten vor Beginn einer CTX oder IST ein HBV-Screening erhalten.

Korrespondierender Autor: Kreißl-Kemmer, Sonja

E-Mail: Kreissl_S@ukw.de