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DOI: 10.1055/s-0035-1570059
Leitlinienkonformität in der Primärbehandlung des Mammakarzinoms – prognostische Implikationen und Barieerefaktoren nicht konformer Behandlung
Hintergrund:
Die Leitlinienadhärenz in der Primärtherapie des Mammakarzinoms ist ein wichtiger Prädiktor für den Outcome der Patientinnen. Die Leitlinienadhärenz wird voraussichtlich von Patientinnen- und Arzt-bezogenen Faktoren beeinflusst. Diese Studie untersucht den Einfluss Patientinnen- und Arzt-bezogener Faktoren auf die adjuvante Chemotherapie und endokrine Therapie beim primären Mammakarzinom.
Material und Methodik:
Die BRENDA II Studie ist eine prospektive multizentrische Kohortenstudie mit 4 partizipierenden zertifizierten Brustkrebszentren in Baden-Württemberg. Zwischen 2008 und 2009 wurden dabei 857 Patientinnen mit primärem Mammakarzinom eingeschlossen. Diese Patientinnen wurde zu 3 Zeitpunkten vor und während der adjuvanten Therapie befragt. Zusätzlich wurden die Therapieentscheidungen, tatsächlich durchgeführte Therapien und der Follow-up erhoben. Die Leitlinienadhärenz wurde auf Basis der nationalen S3-Leitlinie (2008) und der St. Gallen Klassifikation (2007) überprüft.
Ergebnisse:
Chemotherapie:
857 Patientinnen mit primärem Mammakarzinom wurden in die Studie eingeschlossen. 241 Patientinnen wurden als high risk (Indikation zur CTX) und 537 als intermediate risk (CTX möglich) klassifiziert. In 391 Fällen indizierte das Tumorboard (TB) eine adjuvante Chemotherapie. Somatische Komorbiditäten waren signifikant mit der Entscheidung des TB gegen eine Chemotherapie assoziiert (OR = 0,28; p = 0,02). Trotz der Indikation durch das TB erhielten 19% (n = 73) (10% der high risk, 28% der intermediate rsik Gruppe) Patientinnen erhielten keine Chemotherapie.
Die Entscheidung der Patientinnen gegen die Chemotherapie war signifikant assoziiert mit dem Alter > 75 (OR = 0,21; p = 0,02) und einer schlechten QoL (OR = 0,003; p = 0,001). Es zeigte sich auch ein Trend, dass Patientinnen mit höherem Bildungsstand sich häufiger gegen eine Chemotherapie entscheiden (OR = 0,3; p = 0,07). Die Angst vor der Chemotherapie war hingegen nur in der Gruppe der intermediate risk Patientinnen signifikant mit der Ablehnung der Chemotherapie assoziiert (OR = 0,4; p = 0,03).
Endokrine Therapie:
In 721 Fällen war eine adjuvante endokrine Therapie leitliniengerecht indiziert. Das TB indizierte in 96,8% (n = 698) diese Therapie leitliniengerecht. In nur 3,2% der Fälle entscheid sich das TB gegen eine endokrine Therapie und diese Entscheidung war signifikant assoziiert mit somatischen Komorbiditäten (OR = 0,3; P = 0,04).
Nach der Indikation durch das TB entschieden sich 4,6% (n = 32) der Patientinnen gegen den Beginn der Hormontherapie. Diese Entscheidung war signifikant assoziiert mit der Angst der Patientinnen vor der endokrinen Therapie (OR = 0,44; p = 0,05). Alter (OR = 3,55; p = 0,11), psychiatrische Komorbidität (OR = 0,61; p = 0,25), sozio-ökonomische Faktoren und Bildung waren mit dieser Entscheidung nicht assoziiert.
Diskussion:
Sowohl Patientinnen- als auch Arzt-bezogene Faktoren beeinflussen die Leitlinienadhärenz in der Primärtherapie des Mammakarzinoms. Entscheidung und Durchführung der adjuvanten Chemotherapie sind beeinflusst durch das Alter, somatische Komorbiditäten, Ängste in Zusammenhang mit der Chemotherapie und die Lebensqualität.
Ein tieferes Verständnis für die Barrierefaktoren nicht-konformer adjuvanter Therapie ermöglicht möglicherweise die Definition von Subgruppen, die von einer gezielten Intervention profitieren könnten.