Geburtshilfe Frauenheilkd 2016; 76 - A16
DOI: 10.1055/s-0036-1571413

Aluminium ein Gesundheitsrisiko? Aluminiumhaltige Deos, ein Baustein in der Mammakarzinogenese?

A Luch 1
  • 1Bundesinstitut für Risikobewertung, Berlin

Mit Antitranspirantien werden kosmetische Mittel mit schweißhemmender Wirkung bezeichnet, die als Roller, Stick, Creme oder Aerosol zum Sprühen angeboten werden. Die schweißhemmende Wirkung wird durch Aluminiumsalze erzielt, die über einen bestimmten Zeitraum die Ausgänge der Schweißkanäle verschließen. Die gesundheitliche Unbedenklichkeit von Aluminium aus Antitranspirantien wird immer wieder kritisch hinterfragt. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf eine mögliche Beteiligung an der Entwicklung der Alzheimer-Krankheit und der Entstehung von Brustkrebs. Wissenschaftlich erwiesen ist, dass hohe Aluminiumdosen neurotoxische Wirkungen beim Menschen und embryotoxische Effekte in Tierstudien zeigen.

Wenig bekannt ist jedoch über die Aufnahme und Wirkung von Aluminium aus kosmetischen Mitteln über die Haut. Hier fehlen wichtige Studien mit Humandaten. Dagegen ist die Aufnahmerate und Wirkung von Aluminium über die Nahrung gut untersucht. Aluminium ist als Element der Erde in vielen pflanzlichen Lebensmitteln und in Trinkwasser natürlicherweise enthalten. Zudem sind einige Aluminiumverbindungen als Lebensmittelzusatzstoffe in bestimmten Mengen zugelassen. Neben Antitranspirantien können auch dekorative Kosmetika, wie Lippenstift und Lidschatten, sowie Zahnpasten oder Sonnencremes Aluminium enthalten.

Die europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat eine tolerierbare wöchentliche Aufnahmemenge (tolerable weekly intake, TWI) von 1 Milligramm (mg) Aluminium je Kilogramm Körpergewicht für die orale Aufnahme über die Nahrung abgeleitet. In ihrer gesundheitlichen Bewertung gibt die EFSA für alle Aluminiumverbindungen, die über die Nahrung aufgenommen werden, eine mittlere Bioverfügbarkeit von 0,1% an. Dies entspricht einer systemisch verfügbaren täglich tolerierbaren Menge von 0,143 Mikrogramm (µg) je Kilogramm (kg) Körpergewicht. Für einen 60 kg schweren Erwachsenen gilt damit eine systemisch verfügbare Dosis von 8,6 µg pro Tag als unbedenklich.

Das BfR hat die geschätzte Aluminiumaufnahme aus Antitranspirantien bewertet. Dazu wurden die aus experimentellen Studien ermittelten Daten zur dermalen Aufnahmemenge von Aluminium aus Antitranspirantien für gesunde sowie für geschädigte Haut zugrunde gelegt. Die errechneten systemischen Aufnahmemengen liegen für die gesunde Haut mit rund 10,5 µg über den 8,6 µg pro Tag, die für einen 60 kg schweren Erwachsenen als unbedenklich angesehen werden. Sie liegen damit bei täglichem Gebrauch über der tolerierbaren wöchentlichen Aufnahmemenge der EFSA. Die Werte für geschädigte Haut, beispielsweise Verletzungen durch eine Rasur, liegen um ein Vielfaches darüber. Somit wird allein durch die tägliche Benutzung eines aluminiumhaltigen Antitranspirants der TWI möglicherweise komplett ausgeschöpft. Darüber hinaus müssen weitere Aluminiumaufnahmequellen, wie beispielsweise Lebensmittel, Kochutensilien oder weitere Kosmetika, berücksichtigt werden.

Verbraucher nehmen bereits über Lebensmittel hohe Mengen Aluminium auf, und die wöchentlich tolerierbare Aufnahmemenge ist wahrscheinlich bei einem Teil der Bevölkerung alleine durch Lebensmittel ausgeschöpft. Bei langfristiger Anwendung aluminiumhaltiger kosmetischer Mittel könnte der TWI dauerhaft überschritten werden und sich Aluminium im Körper anreichern. Wissenschaftliche Unsicherheiten bestehen derzeit aber noch u.a. in Bezug auf die tatsächliche Penetrationsrate und die Langzeitfolgen chronischer Aluminiumexposition. Ein kausaler Zusammenhang zwischen der erhöhten Aluminiumaufnahme durch Antitranspirantien und der Alzheimer-Krankheit bzw. Brustkrebs konnte trotz einer Reihe entsprechender Studien aufgrund der inkonsistenten Datenlage wissenschaftlich bisher nicht belegt werden.

Quelle: http://www.bfr.bund.de/cm/343/aluminiumhaltige-antitranspirantien-tragen-zur-aufnahme-von-aluminium-bei.pdf