Z Gastroenterol 2016; 54 - F1
DOI: 10.1055/s-0036-1582088

Submuköse Raumforderung mit zentralen Verkalkungen an der Kardia des Magens

TP Scheuer 1, J Roder 2, MR Kraus 1
  • 1Medizinische Klinik II, Kreiskliniken Altötting-Burghausen
  • 2Klinik für Viszeralchirurgie*, Kreiskliniken Altötting-Burghausen

Einleitung: Submuköse Raumforderungen im oberen Gastrointestinaltrakt werden meist als Zufallsbefund entdeckt und sind selten symptomatisch. Die Diagnose wird meist durch den endoskopischen Ultraschall mit Feinnadelbiopsie (EUS-FNP) ohne Operation gesichert. Im vorgestellten Fall zeigt sich eine symptomatische submuköse Raumforderung im Bereich der Kardia, die erst nach operativer Klärung eine sehr seltene Krankheitsentität ergab.

Kasuistik: Wir berichten über einen 56-jährigen Patienten, uns nach erheblicher Gewichtsabnahme von 20 kg mit rezidivierendem Erbrechen vorgestellt wurde. Die aktuelle stationäre Aufnahme erfolgte zum Ausschluss eines tumorösen Geschehen. Eine latente Hyperthyreose mit einem supprimierten TSH von 0,04µU/ml bei normalem peripheren SD-Hormonstatus war durch ein autonomes Schilddrüsenadenom linksseitig bedingt (Szintigrafie). Endoskisch zeigt sich in der ÖGD eine Hp-assoziierte erosive Antrum-/Corpusgastritis, welche nach üblichem Regime behandelt wurde. Hierunter deutliche Besserung der Übelkeit. Im Rahmen der ÖGD fiel eine submuköse ca. 3 cm große kugelige Raumforderung im Bereich der Kardia mit weicher Konsistenz auf (Abb. 1).

Abb. 1: Submuköse Raumforderung im Bereich der Cardia mit zentralen Einsenkungen

Ein natives CT Abdomen (latente Hyperthyreose!) zeigte eine unscharf abgrenzbare Raumforderung mit zentralen Verkalkungen knapp unterhalb des Zwerchfellhiatus (Abb. 2a und 2b)

Abb. 2a: unscharf abgrenzbare Verkalkungsstrukturen subcardial

Abb. 2b: Verkalkungsstrukturen subcardial

Zur weiteren Zuordnung wurde eine Endosonografie durchgeführt (Abb. 3). Hier zeigte sich eine hypovaskularisierte, kugelige Raumforderung mit einer Größe 2,61 × 2,55 cm und zentralen echoreichen Rundherden bis 6 mm, z.T. mit dorsaler Schallauslöschung im Sinne zentraler Verkalkungen. Durch die Schallauslöschung konnte die Hinterwand/Serosa nicht ausreichend dargestellt werden. Die durchgeführten Knopflochbiopsien und die EUS-FNP erbrachten keine klare histologische Zuordnung; somit war die Indikation für eine Exstirpation unter Schnellschnittbedingungen gegeben.

Im Resektionspräparat („Wedgeresektion“) zeigte sich ein ektopes Pankreasgewebe mit reichlich Schleimretention in ektatischen Ausführungsgängen. Der postoperative Verlauf gestaltete sich bis auf eine geringe passagere Dysphagie unauffällig.

Abb.

Abb. 3a: Endosonographische Darstellung der submukösen Raumforderung mit zentralen echoreichen Strukturen (histopathologisch einer Schleimretention entsprechend)

Abb. 3b: Endosonographische Darstellung der submukösen Raumforderung, der Tunica muscularis mucosae entspringend

Diskussion: Subepitheliale Tumore des GI-Traktes werden selten beobachtet. Meist sind sie ein asymptomatischer Zufallsbefund. In Autopsiestatistiken werden mesenchymale Tumore im Ösophagus (v.a. Leiomyome) mit einer Häufigkeit von 5% beobachtet, im Magen sogar bei bis zu 50% aller Menschen > 50 Jahre [5]. 84% der Patienten mit submukosalen Tumoren sind beschwerdefrei [6]. Im oberen Verdauungstrakt finden sich subepitheliale Tumore in 60% im Magen, in 30% im Ösophagus und nur in 10% im Duodenum [7][8][9]. Letztendlich fehlen bis dato verlässliche Daten zur Inzidenz dieser Veränderungen.

Differentialdiagnosen submuköser Raumforderungen im oberen GIT (Tab. 1):

Tab. 1:

Zysten

Varizen (Fundus-, Corpus-)

Kavernöse Hämangiome

Granularzelltumore

Lipome

Leiomyome

Gastrointestinale Stromatumore

Neuroendokrine Tumore

Metastasen

Im vorliegenden Fall gelang die präoperative Artzuordnung durch die EUS-FNP und die Knopflochbiopsie nicht. Das endosonographische Bild zeigte ein echoarmes Erscheinungsbild mit zahlreichen echoreichen bis 6 mm großen „Verkalkungsherden“, der submuköse Tumor entsprang der Tunica muscularis mukosa. Differentialdiagnostisch war ein GIST (echoarm und aus der T. muscularis mucosae entspringend) zu erwägen, ungewöhnlich waren die zentralen Verkalkungen. Das Resektionspräparat ergab schließlich histologisch versprengtes Pankreasgewebe (Pankreasektopie).

Definitionsgemäß handelt es sich um Pankreasgewebe, welches mit der regulären Bauchspeicheldrüse in keiner anatomischen Verbindung steht. Diese Diagnose stellt in der Regel einen harmlosen und seltenen Zufallsbefund dar. In 0,2% aller Laparotomien [10] [11] und 0,5 bis 13,5% in Autopsien wird ektopes Pankreasgewebe gefunden [12]. Es ist meist der Tunica submukosa zuzuordnen (in ca. 75% der Fälle) sporadisch kommt es auch in der Tunica muscularis propria und in der Serosa vor[13]. Obwohl ektopes Pankreas normalerweise klinisch inapparent bleibt, kann es sich auch mit unspezifischen körperlichen Symptomen einhergehen: Bauchschmerzen, abdominelle Völlegefühl, Übelkeit und Erbrechen, Anorexie, Gewichtsverlust, Anämie und Meläna [14]. Am häufigsten werden Bauchschmerzen angegeben, welche auf eine Inflammation und Irritation des umgebenden Gewebes durch die Sekretion von Pankreasenzymen und -hormonen zurückgeführt werden[15]. Schmerzen können auch Folge von Erosionen und Ulzerationen sein, v.a. wenn diese im Dünndarm auftreten[16]. Einzelne Fallberichte beschreiben sogar eine seltene maligne Transformationen [17]. Gelegentlich gelingt es, wie bei unserem Fall nur über die chirurgische Intervention die Diagnose zu sichern. Pankreasheterotopien finden sich am häufigsten im Magenantrum (38%), Duodenum (36%), seltener im Jejunum 11%. Selten wird ektopes Pankreas im Ileum, Meckel-Divertikel, Leber, Milzhilus, Omentum majus oder im Nabelbereich angetroffen. Außerhalb des GI-Traktes wurde es kasuistisch auch in der Lunge, im Mediastinum und in den Tubae ovaricae beschrieben.

Einer PubMed-Reserche zufolge ist die folgende Kasuistik erst der zweite publizierte Fall [4] eines ektopen Pankreasgewebes als solide Raumforderung im Bereich der Cardia des Magens.

Literatur:

1. Chandon VS, Wang W: Pancreatic heterotopia in the gastric antrum; Arch Pathol Lab Med: 2004, 128: 111 – 112

2. Rao RN, Kamlesh Y, Pallow G et al.: Ectopic pancreas presenting as periampullary tumor with obstructive jaundice and pruritus is a rare diagnostic and therapeitic dilemma. A case report: JOP 2011 Nov. 9; 12(6): 607 – 9

3. Kim JH, Kim HH, Park SJ et al.: A giant ectopic pankreatic lession in the upper body of the stomach; Gastrointest Endosc. 2012 Feb; 75(2): 462 – 3

4. Endler G, Kees M, Minar P: Hetereotopic cystic pancreas as a growing submucous tumor close to the cardia of the stomach; Wien Klin Wochenschrit 2000 Oct.13;112(19): 859 – 61

5. Van Stolk RU: Subepithelial lesions. In: Van Dam J, Sivak MV, editors. Gastrointestinal endosonografie. Philadelphia, London, Toronto, Montreal, Sidney, Tokio: W.B. Saunders, 1999:153 – 165

6. Endosonografie: Herausgeber: CF Dietrich; 2008: 187 – 220

7. Polkowski M, Butruk E: Submucosal lesions. Gastrointest Endosc Clin N Am 2005;15(1):33 – 54

8. Mallery S, Lai R, Bardales R et al.: EUS-guided needle aspiration in subepithelial GI-tract masses: results in 105 lesion (abstract). Gastrointest Endosc 2004; 59(5)AB 234

9. Polkowsli M: Endoscopic ultrasound and endoscopic-guided fine-needle biopsy for the diagnosis of malignant submucosal tumors. Endoscopy 2005; 37(7):635 – 645

10. Ura H, Denno R, Hirata K et al.: Carcinoma arising from ectopic pancreas in the stomach: endosonographic detection of maligant change. J Clin Ultrasound 1998 Jun;26(5):265 – 8

11. Laurent T, Fournier D et al.: Complex lesions of the gastric wall, an anusual presentation of ectopic pancreas. J Clin Ultrasound. 1995 Sep; 23(7):438 – 4

12. Mullholland KC, Wallace WD et al.: Pseudocystic formation in gastric ectopic pancreas. JOP 2004 Nov10; 5(6):598 – 1

13. Owen DA, Lippincott W 2004: The stomach. In: Sternberg's Diagnostic Surgical Pathology. 4th ed.; pp 1436 – 37

14. Hsia CY, Wu CW et al.: Heterotopic pancreas: a difficult diagnosis. J Clin Gastroenterol.(2):144 – 7

15. Ormarsson OT, Gudmundsdottir I et al.: Diagnosis and treatment of gastric hetrotopic pancreas. World J Surg. 2006 Sep; 30(9):1682 – 9

16. Armstron JP, King PM et al.: The clinical significance of heterotopic pancreas in the gastrointestinal tract. Br J Surg. 1981 Jun; 68(6): 384 – 7

17. Eisenberger CF, Gocht A et al.: Rewiev heterotopic pancreas-clinical presentation and pathology with review of literature. Hepatogastroenterology2004 May-Jun; 51(57):954 – 8