Geburtshilfe Frauenheilkd 2016; 76 - A29
DOI: 10.1055/s-0036-1583580

Postradiogenes Angiosarkom nach brusterhaltender Therapie – ein Fallbericht

J Kant 1, S Briest 2, A Hagert-Winkler 4, A Monecke 3, LC Horn 3
  • 1Juliane Kant, Abteilung Gynäkologie, Universitätsfrauenklinik Leipzig, Leipzig
  • 2Brustzentrum, Universitätsfrauenklinik Leipzig
  • 3Institut für Pathologie, Abteilung Mamma-, Gynäko- & Perinatalpathologie, Universitätsklinikum Leipzig AöR
  • 4Klinik und Poliklinik für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Universitätsklinikum Leipzig AöR

Fragestellung:

Angiosarkome der Brust sind sehr seltene Weichteiltumoren, die spontan oder nach Radiotherapie im Rahmen der adjuvanten Radiatio nach BET beim Mammakarzinom auftreten können (Stollwerck et al., Meeting Abstract Jahreskongress DGCH 2012).

Fallbericht:

Die 75-jährige Patientin stellte sich 2013 zur Nachsorgeuntersuchung nach brusterhaltender Therapie wegen eines invasiv-duktalem Mamma-Karzinoms vor. Sie hatte 12 Jahre zuvor eine Segementektomie links und adjuvante Radiatio mit einer Gesamtdosis von 56,3 Gy sowie eine Hormontherapie mit Tamoxifen bis 2007 erhalten. Bei der Untersuchung 2013 beklagte sie Hautveränderungen im Bereich der alten Narbe. Mittels Mammografie und Mammasonografie konnte zunächst keine pathologische Raumforderung nachgewiesen werden.

Nach histologischer Sicherung erhielt Patientin eine Mastektomie mit Defektdeckung durch einen Latissimus dorsi-Flap. Eine empfohlene adjuvante Radiatio lehnte die Patientin ab.

2014 wurde die Patientin wegen eines Zweitkarzinoms in der kontralateralen Brust mastektomiert. 2016 wurde mittels Lymphknotenbiopsie eine Chronisch Lymphatische Leukämie diagnostiziert. Die Familienanamnese der Patientin ist unauffällig.

Die Patientin war bei der letzten Vorstellung im Januar 2016 bezüglich des Angiosarkoms rezidivfrei.

Diskussion:

Das Angiosarkom ist eine mögliche Spätfolge der Radiatio bei weniger als einem Prozent der Patientinnen nach brusterhaltender Therapie bei Mammakarzinom und wird häufig erst bei fortgeschrittenen Erkrankungen und Tumorgrößen von mehreren Zentimetern diagnostiziert. (Wang et al. Annals of Diagnostic Pathology 2009). Die Rolle verschiedener genetischer Veränderungen, wie BRCA 1 und BRCA 2, wird diskutiert (Goss et al. J. Clin. Oncol 1998). In Anbetracht der verschiedenen neoplastischen Erkrankungen der Patientin könnte eine Mutation von Tumorsuppressorgenen in Betracht gezogen werden. Eine systematische Untersuchung von Patientinnen mit postradiogenen Angiosarkomen könnte weitere Erkenntnisse in Bezug auf mögliche Riskofaktoren zur Entwicklung dieser Erkrankung erzielen.