Aktuelle Ernährungsmedizin 2016; 41 - V04
DOI: 10.1055/s-0036-1583856

Multimodales Adipositasprogramm des Klinikums St. Georg in Leipzig

M Andrä 1, M Fischer 1, N Weber 1, N Oberänder 1, A Weimann 1
  • 1Klinikum St. Georg Leipzig, Adipositaszentrum, Leipzig, Deutschland

In Deutschland ist fast jeder zweite Erwachsene übergewichtig, ein Viertel adipös. In der aktuellen S3-Leitlinie zur Prävention und Behandlung der Adipositas wird zunächst für alle übergewichtigen Patienten eine konservative Gewichtsreduktion empfohlen mit dem Ziel einer Gewichtsreduktion um 5%-10% des Ausgangsgewichtes. Häufig wird diese Behandlung niedrigschwellig und als Vorbereitung auf eine bariatrische OP durchgeführt.

Das Klinikum St. Georg in Leipzig führt seit Mitte 2013 mit Unterstützung der Krankenkassen ein intensiviertes, konservatives Adipositasprogramm durch. Ziel ist es ohne Operation, aber ggf. mit Anlage des Magenballons, den Patienten mit einem interdisziplinären Therapeutenteam (Verhaltens-, Ernährungs- und Bewegungstherapie) bei der Gewichtsreduktion und Veränderung des Lebensstils zu unterstützen. Ein Jahr lang werden die Patienten in geschlossenen Kleingruppen zu festen Therapietagen betreut. Im ersten Halbjahr wöchentlich, danach einmal im Monat. Die vier Jahre dauernde Nachbetreuung besteht aus einem Pflichttermin und zahlreichen zusatzangeboten (Selbsthilfegruppe, Patientenfortbildung).

Nach Behandlungszeitraum wurden zwei Kohorten gebildet:

1. Kohorte: Einschluss zwischen 07/2013 – 08/2014 (109 Patienten)

2. Kohorte: Einschluss zwischen 08/2014 – 08/2015 (86 Patienten)

In beiden Gruppen konnte eine durchschnittliche Reduktion um 11 kg/m2 (SD = 7) (p < 0,0001) im ersten Halbjahr der Therapie ermittelt werden. Das entspricht einem Gewichtsverlust von 30 bzw. 31 kg oder 22 – 23%. Im zweiten Halbjahr konnte der Erfolg aufrecht gehalten werden (p = 1).

Zudem konnte die Anzahl der Medikamente reduziert werden: Zu Beginn des Programmes waren rund 22% der Patienten ohne Blutdruckmedikamente, nach 6 Monaten bereits 41% und zum Ende des Programmes 50%. Diese Ergebnisse waren für beide Kohorten vergleichbar. Weiterhin kam es zu einer signifikanten Verbesserung des HbA1c-Wertes. Ähnliche Verbesserungen gab es bei der Veränderung des Essverhaltens (FEV) und der Verbesserung der Lebensqualität (SF-36). Auch nach zwei Jahren sind Effekte auf Gewicht, Medikation und Lebensqualität nachweisbar.

Die Daten zeigen deutliche Verbesserungen während der Therapiezeit. Eine kontinuierliche Gewichtsreduktion ist mit einem konservativen Programm möglich. Die intensive Nachbetreuung dient der langfristigen Erfolgssicherung, wobei eine stärkere Strukturierung der Nachsorge zur Vermeidung eines erneuten Gewichtsanstiegs anzustreben ist.