Aktuelle Ernährungsmedizin 2016; 41 - P51
DOI: 10.1055/s-0036-1583927

Über Tellerränder hinweg blicken. Essverhalten aus tiefenpsychologischer Sicht

SM Mannhardt 1
  • 1Akademie für Beratung und Philosophie, Schliengen, Deutschland

Fragestellung: Ernährungsberater und -therapeuten erleben täglich, wie schwer es ist das Essverhalten eines Klienten dauerhaft und nachhaltig zu beeinflussen. Klienten sind häufig bestens informiert und dennoch bedeutet dieses Wissen nicht zwangsläufig auch Handlungskompetenz. Die Vernunft betonten Interventionsmethoden kommen an ihre Grenzen. Es wäre zu einfach zu sagen, Gewohnheiten zu ändern sei schwer, oder die Klienten seien „schwierig“ und haben „compliance“ Probleme. Mehr und mehr Kollegen bilden sich daher psychologisch fort und weiter, um in der Ernährungstherapie wirkungsvoller Verhalten zu beeinflussen.

Seit 2004 wird an der Akademie für Beratung und Philosopie eine Weiterbildung angeboten, um tiefenpsychologische Erkenntnisse nicht nur in die Pädagogik und Erwachsenenbildung, sondern auch in die Gesundheitsbranche einfließen zu lassen. Mittlerweile besitzen einige Ernährungsfachkräfte das Zertifikat „Tiefenpsychologischer Berater – Schwerpunkt Ernährungsberatung“. Die Erfahrungen von Ernährungsfachkräften, die dieses Schwerpunktzertifikat bereits erworben haben, fließen in diesen Beitrag mit ein.

Wir stellen folgende Fragen: Woher kommen die Widerstände, Blockaden unserer Klienten? Wie ist es tiefenpsychologisch zu verstehen, dass sich Verhaltensweisen bei Tisch so hartnäckig halten? Was sind die unbewussten Motive, die hinter Verhaltensweisen stecken, die nicht einfach änderbar sind? Was für Erkenntnisse der Individualpsychologie können in der Behandlung, Beratung und Begleitung von Menschen hilfreich sein, um wirklich dauerhaft Verhalten zu beeinflussen.

Ziel & Methodik: In diesem Vortrag soll die behavioristische Betrachtung menschlichen Essverhaltens verlassen werden und statt dessen eine Brücke zur tiefenpsychologischen Sozialpsychologie von A. Adler geschlagen werden, um zu verstehen, weshalb Menschen so sehr an ihrem Verhalten festhalten und die Sicht zu erweitern auf die verborgenen Motive unerwünschter Verhaltensweisen. Exemplarisch werden Fälle und Beispiele aus der ambulanten Ernährungstherapie vorgestellt. Durch eine kurze Einleitung wollen wir Interessenten die tiefenpsychologische Beraterweiterbildung als ergänzende Maßnahme zu anderen psychologisch orientierten Fortbildungen (NLP, ZRM, Systemik) näher bringen.

Ergebnis & Schlussfolgerung: Gerade die Individualpsychologie eröffnet neue und gute Möglichkeiten,den Einzelnen wirkungsvoll zu beraten und so zu begleiten, dass Verhaltensänderungen dauerhaft bleiben.