Zentralbl Chir 2016; 141 - A35
DOI: 10.1055/s-0036-1586300

Nekrotisierende Fasziitis – Verhindert Vakuumtherapie die Amputation?

M Obst 1
  • 1BG Kliniken Bergmannstrost, Halle, Deutschland

Einleitung: Bei der nekrotisierenden Fasziitis handelt es sich um eine Weichteilinfektion, welche durch eine sich foudroyant ausbreitende Fasziennekrose mit einer hohen Letalität gekennzeichnet ist. Der Typ 1 wird meist durch eine aerob-anaerobe Mischinfektion verursacht, der Typ 2 durch Gruppe-A-Streptokokken ggf. in Verbindung mit Staphylokokken. Als alleinige Therapie gilt die zügige und radikal chirurgische Intervention mit regelmäßigen Debridements. In dem vorgestellten Fall wurde zur Wundkonditionierung nach ausgedehnter Nekrektomie eine Vakuumtherapie mit Saugbinden und einem Foliensack angewandt. Hierdurch werden Gewebeunebenheiten problemlos ausgeglichen, sodass weniger Raum für Leckagen entsteht.

Fallbericht: Der 42-jährige Patient (BMI: 58, Nikotinabusus) war zur Aufnahme noch wach und kreislaufstabil. Anamnestisch bekannt war eine schwere Bronchitis in den vergangenen Wochen. Laborchemisch bestand eine septische Konstellation (Leukozytose von 27 Gpt/l, CRP Erhöhung von 544 mg/l, PCT von 46,47 ng/ml, Kreatinin von 274 umol/l, GFR von 22,24 ml/min, Myoglobin von 4255 ug/l) Klinisch fand sich am linken Bein ein wenig auffälliger Befund mit einem bullösem Exanthem bis über das Knie reichend mit ödematöser Gewebestruktur und ausgeprägter Rötung. Bei fortschreitendem Lokalbefund und klinischer Verschlechterung drei Tage nach der stationären Aufnahme, erfolgte die radikale operative Therapie. Intraoperativ zeigte sich eine schwerste nekrotisierende Fasziitis des gesamten Unterschenkels. Es erfolgte eine ausgedehnte Wundrevision der Cutis, Subcutis und Faszie vom Sprunggelenk bis zum Knie. Am Oberschenkel wurde durch eine Fasziendarstellung ein Fortschreiten der Fasziitis ausgeschlossen, Entnahme von Abstrichmaterial und Bioptaten, sowie ein feuchter Wundverband. In der Blutkultur und der entnommenen Histologie wurde ein Streptokoccus pyogenes nachgewiesen. Die postoperative Übernahme des beatmeten und katecholaminpflichtigen Patienten auf die Intensivstation folgte. Nach erneutem Wunddebridement am Folgetag wurde eine VAC Therapie mit oben genanntem Verbandsmaterial angebracht. Zum Schutz der freiliegenden Tibiakante und den Strecksehnen wurde eine Drainage-Folie angewandt. Der Sog wurde mit 70 mmHg angelegt. Während den folgenden Wochen wurden neun Wunddebridements durchgeführt und der Patient bei prolongiertem weaning dilatativ tracheotomiert. Bei initial kritischer Kreislaufsituation wurde einige der Verbandswechsel bed-side durchgeführt. Bei deutlich gebesserter Klinik und Paraklinik (Leukozyten 12,2 Gpt/l, CRP 218 mg/l, Kreatinin 57 umol/l und PCT 0,07 ng/ml) konnte nach 23 Tagen eine Spalthauttransplantation vorgenommen werden. Diese wurde wieder 5 Tage mit dem Vakuumsystem verbunden. Während der Behandlungszeit kam es zu keiner Insuffizienz des Verbandes. Nach Abnahme des Verbandes zeigte die transplantierte Spalthaut eine gute Anheilung. Nach Stabilisierung des Allgemeinzustandes konnte der Patient nach 69 Tagen Krankhausaufenthalt mit stabilen Wundverhältnissen in die Rehabilitation verlegt werden.

Fazit: Eine zufriedenstellende Behandlung der Fasziitis durch lokales Debridement war auch in unserem Fall nicht ausreichend. Eine klinische Stabilisierung konnte erst nach radikalem Debridement erreicht werden. Der Wundverband mit einem VAC System aus Saugbinden und einem Foliensack war gut anwendbar, wies im Vergleich zu einem konventionellen Vakuumverband weniger Leckagen auf und führte zu einem guten kosmetischen Ergebnis. Mit dem angewandten System ist auch eine große Wundfläche problemlos zu behandeln, was besonders in diesem Fall mit vorliegender ausgeprägter Adipositas hilfreich war. Der Wechsel des Verbandes ist auch bed-side gut durchführbar.