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DOI: 10.1055/s-0036-1586521
Übergewichtige Erwerbstätige – Eine Herausforderung für die Arbeitswelt?
Hintergrund: Übergewicht ist ein Risikofaktor für die Entwicklung schwerwiegender, zum Teil chronischer Erkrankungen wie Atherosklerose, Arthrose, Diabetes Typ II sowie Hypertonie. Diese Folgeerkrankungen sind mit zum Teil schwerwiegenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen verbunden, welche insbesondere unter älteren Erwerbstätigen (45+ Jahre) zunehmend Ursache für einen frühzeitigen Renteneintritt sind. In der Kohortenstudie „lidA – leben in der Arbeit“ (BMBF-FKZ: 01ER0826) wurden 6.339 Erwerbstätige der Jahrgänge 1959 und 1965 in zwei Wellen (2011/2014) befragt, um den Zusammenhang von Arbeit, Alter, Erwerbsteilhabe und Gesundheit zu analysieren. Die Gruppe der übergewichtigen Erwerbstätigen wird mit der nicht-übergewichtigen u.a. anhand arbeitsbezogener und soziodemographischer Charakteristika verglichen. Handlungsbedarf und Ansatzpunkte für Prävention- und Gesundheitsförderung in der Arbeitswelt sollen aufgezeigt werden.
Methoden und Ziele: Aus den Selbstangaben zu Körpergröße und Gewicht wurde der Body-Mass-Index (BMI) errechnet. TeilnehmerInnen wurden als übergewichtig eingestuft, wenn sie zu mindestens einem der beiden Befragungszeitpunkte einen BMI ≥25 aufwiesen. Diese Selbstangaben wurden ergänzt um Angaben zu Adipositas (ICD-10: E65 und E66, Sektoren: ambulant, stationär und Arbeitsunfähigkeit) aus Sekundärdaten 10 Gesetzlicher Krankenkassen mittels individuellem Datenlinkage. Zusätzlich wurden arbeitsplatzbezogene Angaben beider Befragungszeitpunkte verwendet. Die beiden Gruppen wurden mit einer logistischen Regressionsanalyse hinsichtlich verschiedener Arbeitsfaktoren verglichen.
Ergebnisse: Insgesamt sind 58,7% (n = 3.721) der TeilnehmerInnen übergewichtig, Männer häufiger als Frauen (56,8% vs. 43,2%, p ≤0,001). Der Anteil der TeilnehmerInnen mit hoher Schulbildung liegt unter Nicht-Übergewichtigen bei 37,8%, unter Übergewichtigen bei 27,2% (p ≤0,001). Nach Berufsgruppen betrachtet, üben Übergewichtige am häufigsten qualifizierte kaufmännische oder Verwaltungsberufe (18,1%) aus. Es gab signifikante Gruppenunterschiede (Regressionsanalyse, R2= 0,20) bezogen auf das Geschlecht, das Alter und die schulische Bildung. Ein hoher Anteil an berufsbedingt sitzender, aber auch stehender Tätigkeit zeigte sich als arbeitsplatzbezogener Risikofaktor. Übergewichtige nehmen zudem nach eigner Angabe häufiger gesundheitsfördernde Maßnahmen zur Gewichtsreduktion und gesunden Ernährung wahr. Durch das Datenlinkage konnten 64 zusätzliche Adipositasfälle in den Sekundärdaten identifiziert werden. 138 Fälle fanden sich nur in den Primärdaten.
Diskussion und Praxisrelevanz: Die hohe Prävalenz des Übergewichts verdeutlicht die Handlungsrelevanz für die betriebliche Gesundheitsförderung. Frühzeitige, ziel- und berufsgruppenspezifische Interventionen können dazu beitragen, Übergewicht unter Erwerbstätigen zu reduzieren, Folgeerkrankungen zu vermeiden und einen frühzeitigen Erwerbsausstieg zu verhindern.