Gesundheitswesen 2016; 78 - A138
DOI: 10.1055/s-0036-1586648

Teilnahme an der Früherkennungsuntersuchung für Hautkrebs und Selbstuntersuchung der Haut – Ergebnisse einer Querschnittbefragung an Türken und Deutschen in Rheinland-Pfalz

U Zier 1, S Letzel 1
  • 1Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Universitätsmedizin Mainz, Mainz

Hintergrund: Zur Krebsvorsorge finanzieren private und gesetzliche Krankenversicherungen alters- und geschlechtsspezifisch verschiedene Früherkennungsuntersuchungen. Für Männer und Frauen ab 35 Jahre wird zweijährlich eine Hautkrebsfrüherkennung angeboten. Die Teilnahme an Krebsfrüherkennungen im Allgemeinen (Ausnahme: Mammografie-Screening [1]) ist für Menschen mit Migrationshintergrund verringert [2]. Untersuchungsergebnisse für Teilnahmeunterschiede an Hautkrebsfrüherkennungsuntersuchungen und Selbstuntersuchungen der Haut bei Menschen mit türkischem Migrationshintergrund liegen für Deutschland nicht vor.

Fragestellung: Unterscheidet sich das Teilnahmeverhalten an Hautkrebsfrüherkennungsuntersuchungen und Selbstuntersuchungen der Haut zwischen Personen mit und ohne türkischem Migrationshintergrund? Welche Gründe und Risikofaktoren spielen eine Rolle?

Methoden: Daten einer schriftlichen Querschnittstudie an Rheinland-Pfälzern im Alter von 20 bis 64 Jahren wurden verwendet. Die geschichtete Zufallsstichprobe aus Einwohnermeldeamtsdaten enthielt je 2000 Adressen von (ausschließlich) deutschen und (auch) türkischen Staatsbürgern. Studienunterlagen wurden auf Deutsch und Türkisch versendet. In Anlehnung an Andersons Behavioral Model of Health Services Use [3] werden potentielle Einflussgrößen aus den Bereichen Bedarf, ermöglichende und prädisponierende Faktoren berücksichtigt. Für bivariate Analysen wurden Chi2-Tests, für multivariate binär-logistische Regressionsanalysen durchgeführt.

Ergebnisse: Bei einer Rücklaufquote von 28% (41% deutsche, 15% türkische Auswahl) lagen 1108 Fragebögen vor. 865 Teilnehmer waren mindestens 35 Jahre alt, darunter 24,5% mit türkischem Migrationshintergrund (beide Stichprobenschichten). 56,9% der Befragten nahmen nie an der Hautkrebsfrüherkennungsuntersuchung teil, darunter häufiger Befragte mit türkischem Migrationshintergrund (72,6% vs. 51,8%, p < 0,001). Als Nichtteilnahmegrund war vermehrt Unkenntnis (50,7% vs. 30,5%, p < 0,001). Selbstuntersuchungen machten Befragte mit türkischem Migrationshintergrund häufiger gar nicht (40,1% vs. 58,7%, p < 0,001), ebenfalls mit der gehäuften Begründung Unkenntnis genannt (27,9% vs. 3,6%, p < 0,001). Die adjustierten Odds-Ratios sind für Personen mit türkischen Migrationshintergrund erhöht für die Nicht-Teilnahme an Früherkennungsuntersuchungen (1,85; 95%-KI 1,25 – 2,75) und Selbstuntersuchungen (1,74; 95%-KI: 1,22 – 2,48). Weitere relevante Einflussfaktoren sind Alter, Geschlecht, Bildung, Gesundheitsachtsamkeit, Hausarzt und Erwerbstätigkeit. Innerhalb der Migrantengruppe erhöhen Deutschkenntnisse beide Teilnahmewahrscheinlichkeiten.

Diskussion: Unter Berücksichtigung weiterer Risikofaktoren ist die Teilnahme von Menschen mit türkischem Migrationshintergrund an Hautkrebsfrüherkennungsuntersuchungen und Selbstuntersuchungen geringer. Obwohl für türkische Migranten u.a. aufgrund des dunkleren Hauttyps von einer geringeren Hautkrebsprävalenz auszugehen ist [4], verweisen türkische Prävalenzdaten auf die Notwendigkeit der Vorsorge [5,6].

Schlussfolgerung: Das Beispiel Hautkrebsvorsorge verdeutlicht, dass Informations- und Präventionsangebote vermehrt an türkische Migranten herangetragen werden sollten. Besondere Berücksichtigung verdienen Menschen, die nicht gut Deutsch sprechen. Referenzen beim Verfasser.