Gesundheitswesen 2017; 79(04): 299-374
DOI: 10.1055/s-0037-1601973
4. Mai 2017
Freie Themen – Versorgung 1
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Fentanyl-Verordnungen im Zusammenhang mit Drogenmissbrauch und Drogentodesfällen 2015 in München

S Drubba
1   Referat für Gesundheit und Umwelt der Landeshauptstadt München, München
,
S Schweitzer
1   Referat für Gesundheit und Umwelt der Landeshauptstadt München, München
,
R Penning
2   Institut für Rechtsmedizin, München
,
M Graw
2   Institut für Rechtsmedizin, München
,
I Sinicina
2   Institut für Rechtsmedizin, München
,
S Gleich
1   Referat für Gesundheit und Umwelt der Landeshauptstadt München, München
2   Institut für Rechtsmedizin, München
› Author Affiliations
Further Information

Publication History

Publication Date:
02 May 2017 (online)

 

Zielsetzung::

In München ist die für den Vollzug des Betäubungsmittelgesetzes zuständige Behörde das Referat für Gesundheit und Umwelt. Speziell in Süddeutschland stellt der Fentanylmissbrauch durch Drogenabhängige ein in den letzten Jahren zunehmendes Problem dar. Daher wurde bei der Überwachung ein Fokus auf die gesetzlich vorgeschriebene „Begründetheit“ der ärztlichen Verordnung für dieses Analgetikum gelegt. Durch eine Studie mit dem Institut für Rechtsmedizin der Universität München sollte die Beteiligung von Fentanyl an drogeninduzierten Todesfällen 2015 untersucht werden.

Methode::

Zunächst wurden die Ergebnisse der behördlichen Überprüfung aller entsprechenden Fentanyl-Verordnungen im Jahr 2015 erfasst. Dann wurden die beim Gesundheitsamt registrierten Münchner Todesbescheinigungen nach Drogentodesfällen gefiltert und die Sektionsprotokolle dieser Todesfälle unter Einbeziehung der chemisch-toxikologischen Untersuchungen im Hinblick auf Fentanyl gefiltert. Alle Daten wurden standardisiert verschlüsselt, zusammengeführt und statistisch analysiert.

Ergebnis::

2015 wurden die Fentanyl-Verordnungen von 179 Ärzten für insgesamt 57 Patienten überprüft. Durch sogenanntes Arzthopping kamen dabei 244 Einzelfälle zusammen. In 50% der Fälle erwies sich die Verordnung als nachvollziehbar begründet. Dem gegenüber stehen 83 Drogentodesfälle in München im Jahr 2015, bei denen sich in 13 der Fälle eine Fentanyl-Beteiligung ergab. Dargestellt werden hierzu deskriptiv-epidemiologische Daten des Klientels u.a. Geschlecht, Alter, Auffindesituation, Sterbeort.

Schlussfolgerung::

Die Beteiligung von Fentanyl bei Drogenmissbrauch und drogenassoziierten Todesfällen wurde durch die gemeinsamen Daten von Gesundheitsamt und Rechtsmedizin belegt. Die hohe Sektionsquote in München ist hierbei ein wichtiges Instrument der Qualitätssicherung. Die Bedeutung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes bei der Überwachung des Betäubungsmittelverkehrs wird nicht nur in Bezug auf den Vollzug des Gesetzes, sondern vor allem im Hinblick auf den Patientenschutz deutlich, da Fentanyl als legal verschriebenes Medikament in offiziellen Drogenberichten keine Erwähnung findet.