Gesundheitswesen 2017; 79(04): 299-374
DOI: 10.1055/s-0037-1602070
5. Mai 2017
Berichte aus den Kommissionen
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Giftinformationszentren, BfR-Kommission „Bewertung von Vergiftungen“ und Noxen-Informationssystem (NIS)

H Desel
1   Bundesinstitut für Risikobewertung, Berlin
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Publication History

Publication Date:
02 May 2017 (online)

 

Zielsetzung::

Etwa 30.000 bis 100.000 verschiedene chemische Stoffe werden heute in industriell hergestellten und vermarkteten Produkten eingesetzt. Durch beabsichtigte Anwendung oder durch unbeabsichtigte Freisetzung und Verteilung kommen Menschen mit vielen Stoffen in Kontakt. Moderne Analytik erlaubt ihren Nachweis in niedriger Konzentration in Umweltmedien wie auch in Körperflüssigkeiten, so dass ein Kontakt nachgewiesen werden kann und medizinisch bewertet werden muss. Die Bewertung von Risiken, die durch Kontakt mit diesen Stoffen entstehen, erfordert detaillierte Kenntnisse zur Toxizität und zur Exposition, die durch toxikologische Datenbanken und durch konsiliarische Beratung der Giftinformationszentren aufbereitet und zugänglich gemacht werden.

Methode::

Beispielhaft für wichtige Institutionen im Bereich der klinischen Toxikologie werden die Giftinformationszentren, die Kommission „Bewertung von Vergiftungen“ des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR) und das Datenbanksystem NIS in ihren Rollen bei der Bewertung von Vergiftungsrisiken und der Prävention von Vergiftungen vorgestellt.

Ergebnis::

Acht Giftinformationszentren (Giftnotrufe) beraten behandelnde Ärztinnen und Ärzte sowie Betroffene und ihre Angehörigen 24 Stunden täglich bei allen Vergiftungs- und Vergiftungsverdachtsfällen. Zu den Beratungsinhalten gehört die Identifizierung und Bewertung der toxikologisch relevanten Wirkstoffe in kommerziell verfügbaren Gemischen mithilfe umfangreicher Produktdatenbanken, der Bewertung der Exposition und der Abschätzung der Art und Größe des Vergiftungsrisikos, im Einzelfall wie für exponierte Bevölkerungsgruppen. Wichtigste Aufgabe der Giftinformationszentren ist zudem die aus der Einzelfallbewertung abgeleitete bestmögliche spezifische Therapieempfehlung. Die Giftinformationszentren berichten dem BfR laufend über beratene Fälle. Die BfR-Kommission unterstützt das BfR bei einer Bewertung der Fallberichte, insbesondere hinsichtlich neu auftretender oder ansteigenden Vergiftungsrisiken und unterstützt die mit diesen Risiken befassten Behörden. Für umfassende Bewertungen chemischer Risiken unterstützt NIS, das Noxen-Informationssystem Nordrhein-Westfalens, den ÖDG durch Bereitstellung umfangreicher Stoffdaten, insbesondere Daten zu toxischen Wirkungen und Grenzwerten.

Schlussfolgerung::

Im Zusammenwirken der verschiedenen Institutionen wird der ÖDG bei der Beurteilung chemischer Risiken wirksam unterstützt.