Klin Monbl Augenheilkd 2017; 234(10): S1-S13
DOI: 10.1055/s-0037-1604681
Abstracts
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Die unerträgliche Leichtigkeit des Sehens

R Fleming
1   Allgemeine Psychologie, Justus-Liebig-Universität, Gießen
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Publikationsdatum:
12. Oktober 2017 (online)

 

Wann immer wir unsere Augen öffnen, erfahren wir sofort mit eine reichhaltige Umgebung mit vielen visuellen Reizen. Auch ohne die uns umgebenden Objekte zu berühren, können wir viele ihrer physikalischen und funktionellen Eigenschaften zuordnen: ihre Form und Position, ob sie hart oder weich sind, naß oder trocken, schwer oder leicht. Im täglichen Leben nehmen wir mühelos die Umgebung wahr, erkennen und verstehen sie durch die Fähigkeit zu sehen.

Obwohl es mühelos erscheint ist Sehen ein fürchterlich komplexer Berechnungsvorgang, der fast ein Drittel der Großhirnrinde in Anspruch nimmt. Die von der Netzhaut wahrgenommenen Bilder, die Informationen für den Sehvorgang liefern sind grundsätzlich erst einmal mehrdeutig. Jegliches Lichtmuster ist zunächst mit einer unendlichen Zahl möglicher Szenarien gleichzusetzen, von denen nur eines der Wirklichkeit entspricht. Irgendwie muss also das Gehirn alle falschen Interpretationen ausschließen und den wirklichen Status unserer Umgebung identifzieren und das obendrein schnell und zuverläßlich.

In diesem Vortrag werde ich einige der Herausforderungen und erstaunlichen Lösungen beschreiben, die unser Hirn benutzt, um uns in die Lage zu versetzen den Zustand unserer Umgebung von den Bildern aus der Netzhaut abzuleiten. Unter Verwendung verschiedener Kombinationen optischer Täuschungen und Erkenntnissen der Psychologie, Neurowissenschaften und der künstlichen Intelligenz, werde ich den aktuellen Stand der Theorien zu visuellen Wahrnehmung einschließlich der Wahrnehmung von Oberflächen, Objekten und Materialien darstellen.