Tierarztl Prax Ausg G Grosstiere Nutztiere 2006; 34(03): 148-154
DOI: 10.1055/s-0037-1621063
Wiederkäuer
Schattauer GmbH

Kongenitaler disproportionaler Zwergwuchs bei Deutschen Holsteins

Congenital disproportional dwarfism in German Holsteins
C. Drögemüller
1   Aus dem Institut für Tierzucht und Vererbungsforschung (Direktor: Prof. Dr. O. Distl)
,
A. Starke
2   der Klinik für Rinder (Direktor: Prof. Dr. H. Bollwein)
,
S. Schmidbauer
3   und dem Institutfür Pathologie (Direktor: Prof. Dr. W. Baumgärtner) der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover
,
P. Wohlsein
3   und dem Institutfür Pathologie (Direktor: Prof. Dr. W. Baumgärtner) der Stiftung Tierärztliche Hochschule Hannover
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Publication History

Eingegangen: 09 May 2005

akzeptiert: 20 May 2005

Publication Date:
10 January 2018 (online)

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Zusammenfassung:

Gegenstand und Ziel: Aus dem Einsatz eines gekörten Deckbullen der Rasse Deutsche Holsteins, Farbrichtung Schwarzbunt, in einem Zuchtbestand wurde innerhalb eines Jahres bei 60 Abkalbungen in 15 Fällen das Auftreten von lebend geborenen Kälbern mit disproportionalem Zwergwuchs in Verbindung mit Verkrümmungen der Gliedmaßen beobachtet. Material und Methoden: Zur Abklärung der Diagnose erfolgte die klinische und röntgenologische Untersuchung eines betroffenen Kalbes. Insgesamt wurden fünf erkrankte Kälber einer pathomorphologischen Untersuchung unterzogen. Ergebnisse: Neben einer deutlichen Verkürzung der langen Röhrenknochen wurde bei den Kälbern eine geringgradige Brachygnathia superior sowie in einem Fall ein Foramen ovale persistens festgestellt. Die histopathologische Untersuchung der langen Röhrenknochen ergab eine deutliche Rarefizierung der primären Spongiosa. Hinweise auf irregulär arrangierte Chondrozyten innerhalb der Wachstumszonen fanden sich im Vergleich zu anderen Formen von Zwergwuchs bzw. Chondrodysplasie beim Rind nicht. Molekulargenetisch konntebei dem Bullen das Vorliegen der Mutation für Bulldogkälber der Dexter-Rinder sowie der CVM-Mutation der Holstein-Rinder ausgeschlossen werden. Schlussfolgerungen: Die Pedigreeanalyse weist auf eine Keimbahnmutation des Deckbullen hin. Insgesamt stellt der beschriebene Phänotyp somit eine bislang unbekannte Form des hereditären disproportionalen Zwergwuchses beim Rind dar. Klinische Relevanz: Die Studie weistauf das erhöhte Risiko erblicher Erkrankungen beim alleinigen Einsatz eines ungetesteten Deckbullen in einer Zuchtherde hin.

Summary:

Objective: Among 60 newborns descending from a single natural service sire 15 live disproportional dwarfs with shortened and distorted legs were recorded on a single farm of black-and-white German Holstein during twelve months. Material and methods: A single calf was examined clinically and radiographically to verify the diagnosis. A total of five affected calves were examined pathomorphologically. Results: Besides a significant shortening of the limb bones, the calves showed a mild brachygnathia superior. A foramen ovale persistens was observed in a single case. The histopathological examination of the long bones revealed a rarefication of primary spongiosa. There was no indication for irregularlyarranged chondrocytes of epiphyseal plates as reported in other bovine dwarfism or chondrodysplasia cases. Molecular genetic testing of this bull excluded the existence of the Bulldog calf mutation of Dexter cattle and the CVM mutation of Holstein cattle, respectively. Conclusions: The pedigree analysis indicates a germline mutation of the natural service sire. The described phenotype shows a new variant of hereditary disproportional dwarfism in cattle. Clinical relevance: This study points out the potential risk of unlimited use of an untested natural service sire in a single breeding flock.