Zusammenfassung
Die Stimulation des unspezifischen Immunsystems führt bei Versuchstieren zu einer
komplexen Verhaltensänderung, für die sich die Bezeichnung »sickness behaviour« eingebürgert
hat. Hierzu gehören Anhedonie, Reduktion motorischer und sexueller Aktivität, verminderte
Nahrungsaufnahme, gestörter Schlaf und kognitive Defizite. Inflammatorische Zytokine
spielen in der Vermittlung dieser Verhaltensänderungen eine zentrale Rolle. Auch bei
therapeutischer Anwendung von Zytokinen, zum Beispiel von Interferonen, kommt es zu
ähnlichen Symptomen; es werden sogar behandlungsbedürftige depressive Erkrankungen
und Suizidhandlungen beobachtet. In Studien an gesunden Probanden konnten mittels
experimenteller Stimulation des Immunsystems Veränderungen des Affektes, kognitive
Defizite und Störungen des Schlaf-Wach-Verhaltens induziert werden, die denen bei
depressiven Erkrankungen ähneln. Experimentelle Immunstimulation scheint somit ein
geeignetes Modell zur Erforschung der Neurobiologie der Depression zu sein, wobei
es insbesondere zum Verständnis solcher depressiver Störungen beitragen kann, die
bei Erkrankungen mit vermehrter Zytokinfreisetzung auftreten. Hierzu zählen neben
Infektionserkrankungen auch Autoimmunerkrankungen, Krebserkrankungen, die koronare
Herzerkrankung und die Adipositas.
Summary
Experimental stimulation of the innate immune response system in animals causes complex
behavioral changes, which usually are called “sickness behaviour”. It consists in
anhedonia, reduced motor activity, sexual activity and food intake, disturbed sleep
and cognitive deficits. Inflammatory cytokines seem to play a central role in the
regulation of these behavioral changes. Also during therapeutic use of cytokines as
for example the treatment with interferons comparable symptoms occur, sometimes even
major depression and suicidal behaviour have been observed. In experiments in healthy
humans acute immune stimulation caused changes in mood, cognitive deficits and changes
in sleep/wake behaviour, which at least partly were comparable to depressive symptomatology.
Thus, experimental immune stimulation might be a powerful tool for future research
on the neurobiology of depression, especially with respect to such depressive disorders
occuring in diseases which are associated with increased cytokine release as for example
infectious or autoimmune diseases, cancer, coronary heart disease or adipositas.
Schlüsselwörter
Endotoxin - Hormone - Stress - Depression
Keywords
Endotoxin - hormones - stress - depression