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DOI: 10.1055/s-0038-1659984
Orale Antikoagulanzien nach akutem Myokardinfarkt
Gegenwärtiges Prozedere und aktuelle StudienPublikationsverlauf
Publikationsdatum:
27. Juni 2018 (online)
Zusammenfassung
Mit Aufkommen der Thrombolysetherapie in Kombination mit Azetylsalizylsäure (ASS) wurde die orale Antikoagulanzienbehandlung in der Routinetherapie der akuten Phase des Myokardinfarkts abgelöst. Bei Vorliegen einer Dyskinesie der linksventrikulären Wand ist eine orale Antikoagulanzienbehandlung jedoch über mindestens drei Monate eindeutig indiziert, um die Inzidenz systemischer Embolien zu reduzieren. In der WARIS-Studie von 1990 und der ASPECT-Studie von 1994 wurde eine steile Dosis-Wirkungs-Beziehung nachgewiesen; dies zeigt, daß sich Warfarin im Rahmen der Sekundärprävention nach einem akuten Myokardinfarkt als effektiv erwies. Ausgehend von diesen Studien wurde Coumadin® von der Food and Drug Administration für die Sekundärprävention nach einem akuten Myokardinfarkt (AMI) zugelassen, wobei ein INR-Zielbereich von 2,5 bis 3,5 festgesetzt wurde. Einziges Hauptthema, das nach wie vor Anlaß zu Kontroversen gibt, ist die Frage, ob orale Antikoagulanzien, allein oder in Kombination mit ASS, der Therapie mit ASS in bezug auf die Reduktion des Langzeitrisikos für kardiovaskuläre Endpunkte und der Mortalität nach überstandenem akuten Myokardinfarkt überlegen oder ebenbürtig sind.
Es wurden drei Studien über eine Kombinationstherapie (ASS + Warfarin) zur Sekundärprävention durchgeführt. Als erstes wurde die CHAMP-STUDIE (Combined Hemotherapy and Mortality Prevention) konzipiert, die durch das »VA Cooperative Studies Program« unterstützt wird und derzeit noch Patienten rekrutiert. Bisher wurden insgesamt 4478 Patienten innerhalb von zwei Wochen nach einem AMI randomisiert einer ASS-Monotherapie (162 mg/Tag) oder der Kombination aus ASS (81 mg/Tag) und Warfarin zugewiesen und auf einen INR-Zielwert von 1,5 bis 2,5 eingestellt. Bislang war kein Übermaß an Blutungen nachweisbar. Daten zu weiteren Endpunkten liegen bisher noch nicht vor. In der CARS-STUDIE (Coumadin Aspirin Reinfarction Study) wurden 8613 Patienten randomisiert einem der drei folgenden Behandlungsarme zugewiesen: ASS-Monotherapie (160 mg^ag); ASS (80 mgATag) plus Coumadin 1 mg/Tag oder ASS (80 mg/Tag) plus Coumadin 3 mg/Tag. Die Ergebnisse sind noch nicht veröffentlicht, sie wurden jedoch bei Fachtagungen vorgestellt. Die Kombinationsbehandlung bot in bezug auf die Prävention von Reinfarkt, ischämischem Schlaganfall oder die Kombination dieser Endpunkte keinen Vorteil gegenüber der ASS-Monotherapie. Auch bei einer Dosierung von 3 mg/Tag lag die mittlere INR jedoch unter 1,4 - ein Hinweis darauf, daß eine Warfarin-Therapie mit sehr geringer Intensiät bei diesem Krankheitsbild unwirksam ist, wie dies auch bei der Prävention systemischer Embolien bei Vorhofflimmern der Fall ist. In der noch laufenden WARIS-Il-Studie (Warfarin Aspirin Reinfarction Study) wurden seit April 1996 1 906 Patienten randomisiert einem der drei folgenden Behandlungsarme zugewiesen: ASS-Monotherapie (160 mg/Tag), Warfarin-Mono-therapie (INR-Zielwert 2,8 bis 4,2) oder ASS (75 mg/Tag) plus Warfarin (INR-Ziel-wert 2,0 bis 2,5).
Derzeit steht eindeutig fest, daß niedrige fixe Warfarin-Dosen bei diesem Krankheitsbild unwirksam sind. Anhand der zusammengetragenen Daten wird sich feststellen lassen, ob die Kombination aus ASS und Warfarin einen größeren Nutzen bietet als die jeweiligen Monotherapien.
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