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DOI: 10.1055/s-0038-1667780
Soziale Milieus und Gesundheitslebensstile – Ergebnisse einer quantitativen Studie
Publication History
Publication Date:
03 September 2018 (online)
Hintergrund:
Obgleich die Befundlage zu schichtspezifischen Unterschieden im Gesundheitsverhalten breit ist, sind deren Ursachen kaum erforscht. Dies gilt insbesondere für die medizinsoziologische These, dass soziale Ungleichheiten im Gesundheitslebensstil aus den Abgrenzungs- und Überhebungsbedarfen sozialer Milieus (Klassenmilieus) rühren. Der Beitrag untersucht diese These vor dem Hintergrund von Bourdieus Habitustheorie.
Methoden:
Datenbasis ist eine 2008 in 14 nordostdeutschen Landgemeinden durchgeführte Befragung (n = 1.246). Zunächst wurden mittels latenter Klassenanalyse Gesundheitslebensstiltypen klassifiziert: 64% sind Gesundheitspragmatiker (GP), 3% roborantienorientierte (RI), 1% gemäßigte (GI) und 16% sportorientierte Interventionisten (SI) sowie je 8% jugendkulturelle (JGN) und persistente Gesundheitsnihilisten (PGN). Anschließend wurde untersucht, wie diese Lebensstile mit Milieuzugehörigkeiten korrespondieren.
Ergebnisse:
Angehörige des ständisch-kleinbürgerlichen und des unterprivilegierten Milieus sind vor allem GP und nur sehr selten SI oder PGN. Im Kontrast zum unterprivilegierten Milieu finden sich im Bildungsbürgertum und der praktische Intelligenz vor allem SI (OR: 4,7 und 2,7) und PGN (OR: 2,1 und 1,7), hingegen relativ selten GP (OR: 0,3 und 0,5). Im Besitzbürgertum finden sich vor allem GI (OR: 3,6), RI (OR: 5,5) und PGN (OR: 2,9), hingegen relativ selten PGN (OR: 0,4) und JGN (OR: 0,3).
Schlussfolgerungen:
Die gefundenen Korrelationsmuster zwischen Milieuzugehörigkeiten und Gesundheitslebensstilen stehen im Einklang mit Bourdieus Habitustheorie (Homologie zwischen dem Raum der sozialen Positionen und dem Raum der Lebensstile) und untermauern die These, dass soziale Ungleichheiten im Gesundheitsverhalten durch Distinktionskämpfe mitverursacht werden. Modelle zur Erklärung von Gesundheitsverhalten sollten künftig die Abgrenzungs- und Überhebungsbedarfe sozialer Milieus mitberücksichtigen.