Psychother Psychosom Med Psychol 2018; 68(08): e23
DOI: 10.1055/s-0038-1667932
SYMPOSIEN
Herausforderungen qualitativer Gesundheits- und Versorgungsforschung
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Sicherung der Beschäftigungsfähigkeit durch Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM)? – eine qualitative Studie zu gelingenden BEM-Prozessen

B Lange
1   Otto- von-Guericke-Universität Magdeburg, Institut für Gesellschaftswissenschaften, Bereich Soziologie, Magdeburg, Deutschland
,
S Kuczyk
1   Otto- von-Guericke-Universität Magdeburg, Institut für Gesellschaftswissenschaften, Bereich Soziologie, Magdeburg, Deutschland
,
H Ohlbrecht
1   Otto- von-Guericke-Universität Magdeburg, Institut für Gesellschaftswissenschaften, Bereich Soziologie, Magdeburg, Deutschland
,
C Detka
1   Otto- von-Guericke-Universität Magdeburg, Institut für Gesellschaftswissenschaften, Bereich Soziologie, Magdeburg, Deutschland
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Publication History

Publication Date:
06 August 2018 (online)

 

Einleitung:

Angesichts der Veränderungen in der Arbeitswelt werden Fragen der Sicherung der Beschäftigungsfähigkeit von Arbeitnehmenden immer bedeutsamer. Das Forschungsprojekt „Präventive Gesundheitsstrategien – Aus BEM lernen“ knüpft an der Schnittstelle von Stay at Work und Return to Work an und untersucht Entwicklungs- und Verlaufsprozesse im Vorfeld, im Zugang und in der Durchführung von BEM insbesondere aus Perspektive der Beschäftigten vor allem in kleinen und mittleren Unternehmen (KMU).

Material & Methoden:

Im Fokus der qualitativ-empirischen Studie stehen retrospektive episodische Interviews (N = 40) mit Arbeitnehmenden. Eine Erhebung und Analyse von ExpertInneninterviews (N = 20) mit betrieblichen und überbetrieblichen AkteurInnen flankiert die Perspektive der Arbeitnehmenden. Zusätzlich erfolgte eine Auswertung von Falldokumentationen (N = 50) sowie von partizipativen Workshops mit AkteurInnen des BEM.

Ergebnisse:

BEM-Prozesse können verschiedene Wirkungen entfalten, die über die BEM-Ziele im engeren Sinne hinausgehen: So kann BEM eine „Initialzündung“ darstellen für die Ausprägung eines anderen Umgangs mit der eigenen Gesundheit. Es kann auch zu einer Sensibilisierung für das Thema Gesundheit im Unternehmen insgesamt kommen – BEM kann als „Schlüssel“ zur Entwicklung von präventiven Strategien der Gesundheitsförderung wirken. Gleichzeitig konnten durch die qualitativen Interviews Aspekte der Bedrohung der Beschäftigungsfähigkeit herausgearbeitet werden, sodass Risikokonstellationen für die Gesundheit im Vorfeld von BEM wie auch Alternativen zu BEM identifiziert werden konnten.

Diskussion:

Die Sicherung der Beschäftigungsfähigkeit durch BEM stellt für Unternehmen angesichts des demografischen Wandels und des Fachkräftemangels eine besondere Chance dar. Als grundlegende Einflussfaktoren auf die Gesundheit der Arbeitnehmenden erweisen sich neben einem gemeinsam geteilten Wertehorizont, die Führungsstile und die Unternehmenskultur.

Schlussfolgerung:

Die Projektergebnisse legen nahe, dass zu enge Verfahrensvorschriften eine produktive Ausgestaltung des Prozesses eher behindern. Eine Herausforderung für die Verbesserung von BEM liegt darin, die richtige Balance zu finden zwischen gesetzlichen Verfahrensvorschriften und Leitlinien, niedrigschwelligen und praxistauglichen Beratungsmöglichkeiten und Ansprechpartner_innen, aber eben auch einem darauf aufbauenden Freiraum der KMU, situationsflexible und unternehmensangepasste Lösungen vor Ort zu entwickeln.