RSS-Feed abonnieren
DOI: 10.1055/s-0038-1667959
Soziale Ungleichheiten bei der Antragstellung von Leistungen der Medizinischen Rehabilitation und Erwerbsminderungsrenten. Ergebnisse aus dem Dritten Sozialmedizinischen Panel für Erwerbspersonen (SPE-III)
Publikationsverlauf
Publikationsdatum:
06. August 2018 (online)
Einleitung:
Der Einfluss sozialer Ungleichheiten auf die Gesundheit und die medizinische Versorgung ist gut belegt. Bei Rehabilitation und Erwerbsminderung deutet sich an, dass Rehabilitanden mit niedrigem sozioökonomischem Status (SES) später in Reha-Maßnahmen ankommen und Versicherte mit niedrigem SES ein höheres Risiko auf Erwerbsminderungsrente haben. Ziel dieses Beitrags ist die Analyse sozialer Ungleichheiten im Zugang zur med. Rehabilitation (LMR) und zu Erwerbsminderungsrenten (EMR) bezüglich Antragstellung und Antragszeitpunkt in einer Risikokohorte der Deutschen Rentenversicherung Bund.
Material & Methoden:
Grundlage der Sekundärdatenanalyse ist das „Dritte Sozialmedizinische Panel für Erwerbspersonen“ [1] für die Jahre 2013 bis 2016, Einschlusskriterium u.a. Krankengeldbezug 2012. Der SES wurde in Anlehnung an Deck und Röckelein bestimmt, der Antragszeitpunkt von LMR und EMR wurde aus den Versichertenkonten generiert. Deskriptive Verfahren und Cox-Regressionen (adjustiert auf Alter und Geschlecht) wurden angewandt.
Ergebnisse:
Die Stichprobe umfasst 2681 Versicherte (53,6% weiblich, 46,4% männlich), die im Mittel 47,9 Jahre alt sind. 33,2% der Stichprobe wurden dem niedrigen SES, 39,2% dem mittleren SES und 27,6% dem hohen SES zugeordnet. Insgesamt wurden von allen Versicherten 720 LMR- und 200 EMR-Anträge gestellt. Rein deskriptiv waren in der niedrigen SES-Gruppe (Anträge n = 272) nach einem Jahr 45,2%, nach zwei Jahren 71,0% und nach drei Jahren 86,0% der LMR-Anträge gestellt, welches im Vergleich zur hohen SES-Gruppe in den ersten drei Jahren jeweils anteilig höher ausfiel. Das kumulierte Risiko einer LMR war für Versicherte mit niedrigem SES 1,4-mal (p < 0,01)höher als für Versicherte mit hohem SES. Bezüglich der EMR (Anträge n = 99) hatten in der niedrigen SES-Gruppe 42,4% nach einem Jahr, 68,7% nach zwei Jahren und 85,8% nach drei Jahren ihren Antrag gestellt, welches auch hier im Vergleich zur hohen SES-Gruppe anteilig höher ausfiel. Hier war das kumulierte Risiko für Versicherte mit niedrigem SES 2,4mal (p < 0,01)höher als bei Personen mit hohem SES.
Diskussion:
Die Versicherten der Risikokohorte mit niedrigem SES stellen signifikant häufiger und früher LMR- und EMR-Anträge als Versicherte mit hohem SES. Limitierend ist, dass der genaue Erkrankungszeitpunkt unbekannt ist. In künftigen Analysen sollte die Gesundheit der Versicherten berücksichtigt werden.
Schlussfolgerung:
LMR- und EMR-Anträge werden häufiger von Versicherten mit niedrigem SES gestellt. Offen ist, ob dies den tatsächlichen Bedarf dieser Risikogruppe abdeckt.
Literatur:
[1] Bethge M, Spanier K, Neugebauer T, Mohnberg I, Radoschewski FM. Self-Reported Poor Work Ability–An Indicator of Need for Rehabilitation? A Cross-Sectional Study of a Sample of German Employees. Am J Phys Med Rehabil. 2015;94:958 – 66. doi:10.1097/PHM.0000000000000281.