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DOI: 10.1055/s-0038-1671925
Zur Geschichte des Persönlichkeitsbegriffs
Personality and its disorders in historical perspectivePublication History
Publication Date:
18 September 2018 (online)
Zusammenfassung
Das deutsche Wort „Persönlichkeit“ entstand um 1300 aus den lateinischen Bildungen „personalitas“ bzw. „persona“, die wiederum auf den etruskischen Namen „phersu“ zurückgehen. Seit dem 16. Jahrhundert wurde der ursprüngliche theologische Sinngehalt säkularisiert, um innerhalb von Philosophie und später Psychologie erstmals Aspekte ichhafter Subjektivität zu kennzeichnen. Lange Zeit mit „Charakter“ und „Temperament“ konkurrierend, erreichte „Persönlichkeit“ in Deutschland erst nach dem Zweiten Weltkrieg seine heute unangefochtene Stellung in der Fachterminologie. Neben etymologischen Aspekten werden begriffsunabhängige Konzeptionen von Persönlichkeit im historischen Längsschnitt vorgestellt. Antike und Mittelalter lieferten systematische Theorien, verzichteten jedoch auf eine differenzierte Kennzeichnung der Einzelpersönlichkeit. Erst mit den Wirtschaftsreformen der Renaissance und dem Aufstieg des Protestantismus, noch mehr mit dem Wandel sozioökonomischer Rahmenbedingungen um 1800 erwachte das wissenschaftliche Interesse an z.T. klinisch relevanten interindividuellen Unterschieden. Frühformen heutiger Persönlichkeitskonzepte entstanden daher zuerst in der Psychopathologie. Abschließend wird verdeutlicht, wie stark gegenwärtige Klassifikationen in der europäischen Geistesgeschichte verwurzelt sind.
Summary
The German expression „Persönlichkeit“ originated around 1300 from the Latin terms “personalitas” and “persona” which stem from the Etruscan name “phersu”. In the 16th and 17th centuries, the former theological meaning was secularized by philosophers in order to typify aspects of self-centered subjectivity. Competing over a long time with “Character” and “Temperament”, it was only after World War II that “Persönlichkeit” achieved its presently undisputed status as a technical term in German psychology and psychiatry. Along with etymological features, this paper presents concepts of personality and its disorders in a diachronic historical perspective. Economic reforms during the Renaissance, the rise of Protestantism and particularly social changes around 1800 spurred medical and scientific interest in differences among individuals. Thus the earliest outlines of contemporary concepts were conceived in psychopathology. In conclusion, the paper emphasizes the roots of present-day classifications such as DSM IV and ICD 10 in the European history of ideas.