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DOI: 10.1055/s-0039-1678263
Organisierende Pneumonie nach Senfgas-Exposition im Krieg
Publication History
Publication Date:
19 February 2019 (online)
Hintergrund Seit dem Einsatz von Senfgas (Bis(2-chlorethyl)sulfid) durch den Irak während des Iran-Irak Kriegs 1980 – 1988 und den Giftgas-Einsätzen im syrischen Bürgerkrieg (seit 2011) nimmt die Giftgasintoxikation zu. Exposition von Senfgas führt zu Hautnekrosen, Erblindung, Nekrosen des Nasopharynx und Ersticken durch hämorrhagische, pseudomembranöse Bronchitis oder Lungenödem. Wir berichten erstmals über den Fall eines Patienten, der etwa 1 Jahr nach Senfgas-Exposition in Syrien eine organisierende Pneumonie entwickelt hat.
Methodik Fallbericht mit Literaturrecherche.
Ergebnisse Der syrische Patient wurde eingewiesen mit seit einiger Zeit bestehendem Husten und Luftnot. Das Labor war bis auf ein CRP von 2,2 mg/dl (< 0,5) normal. Lungenfunktionell bestand eine Restriktion mit einer FVC von 2,40 L (62,0%Soll) und eine reduzierte CO Diffusion (DLCO = 4,52 mmol/min/kPA = 50,3%Soll). Im HRCT waren multiple pulmonale Rundherde in diffuser Verteilung beidseits erkennbar. Der endoskopische Befund war unauffällig. Die BAL zeigte eine Zellzahlvermehrung auf 280/µl, 34% Lymphozyten, CD4/8 von 1,5 und 9% Granulozyten. Die Histologie (VATS) zeigte herdförmig histiozytäre Entzündungsinfiltrate, Fibroblastenfoci, sowie Schaumzellen mit PAS-positiver Granula. Die Referenzpathologie bestätigte den Verdacht einer stattgehabten Senfgasexposition. Durch eine Re-Anamnese mit Dolmetscher konnte die Exposition 1 Jahr zuvor bestätigt werden. Es wurde eine orale Decortintherapie über 6 Monate eingeleitet, die eine vollständige klinische Erholung und Normalisierung der BAL brachte bei CT-radiologischem Nachweis einiger Narben. Eine Fibrose trat in der Nachverfolgung trotz des initialen Nachweises von Fibroblasten-Foci nicht auf.
Diskussion Spätfolgen von Senfgasexposition sind in erster Linie Bronchitiden und Bronchiektasen, in mehr als 10% werden aber auch Lungenfibrosen beobachtet. Effektive Antidote fehlen, wenn auch die Akutgabe von NAC im Tiermodell einen gewissen Effekt zeigt.
Schlussfolgerung Bei akuten oder interstitiellen Lungenerkrankungen von Bewohnern der aktuellen und ehemaligen Kriegsgebiete ist an eine stattgehabte Giftgasexposition zu denken. Eine Anamnese mit Dolmetscher bei Patienten aus den Kriegsgebieten Irak und Syrien ist essentiell zur Diagnostik.