Gesundheitswesen 2019; 81(03): 259
DOI: 10.1055/s-0039-1679338
Vorträge
Fachausschuss GBE und Prävention
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Kommunale Gesundheitsplanung als Aufgabe des Öffentlichen Gesundheitsdienstes

N Wolfram
1   Gesundheitsamt Dresden, Gesundheitsförderung/Prävention, Dresden, Germany
,
P Looks
1   Gesundheitsamt Dresden, Gesundheitsförderung/Prävention, Dresden, Germany
,
F Trautmann
1   Gesundheitsamt Dresden, Gesundheitsförderung/Prävention, Dresden, Germany
,
J Heimann
2   Gesundheitsamt Dresden, Amtsleiter, Dresden
› Author Affiliations
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Publication History

Publication Date:
05 April 2019 (online)

 

Hintergrund:

Gesundheit ist im Sinne der kommunalen Daseinsfürsorge eine Querschnittsaufgabe der Politik und der Verwaltung. Bereits im Vorfeld kommunaler Entscheidungsprozesse ist prüfen, ob sie die Gesundheit der Bevölkerung berühren. Ist dies der Fall, sind Strategien zur Förderung der Gesundheit zu identifizieren und wenn möglich Erkrankungsrisiken zu mindern.

Methodischer Ansatz:

Das Health Impact Assessment (HIA) ist ein strukturiertes Instrument zur systematischen Bewertung von politischen Entscheidungen, Maßnahmen, Programmen oder Gestaltungsprozessen. Dabei werden in sechs Phasen die Wahrscheinlichkeit und die Ausprägung von positiven und negativen Folgen auf die Gesundheit eingeschätzt. Der ideale Ablauf entspricht den Vorgaben des Public Health Action-Cycles und erlaubt nach der Implementierung des Vorhabens eine Neubetrachtung der Auswirkungen.

Erfahrungen:

Um die Gesundheit für die Bevölkerung spürbar im Lebensalltag zu verankern, muss zunächst die Verwaltung ihre hierarchische und sektorale Ordnungsstruktur überwinden. Dabei sollte der Öffentliche Gesundheitsdienst (ÖGD) eine Schlüsselfunktion übernehmen. Seine Erfahrungen mit den Querschnittsaufgaben Gesundheitsberichterstattung, Gesundheitsförderung und Prävention können zu einer ganzheitlichen Betrachtung gesundheitlicher Auswirkungen von kommunalen Vorhaben führen. Der ÖGD verfügt über die nötige interdisziplinäre Public Health-Kompetenz, um gesunde Lebenswelten zu schaffen und für die Bürgerinnen und Bürger spürbar nachhaltig zu verändern. Bisher ist in Deutschland das HIA als ein Instrument für die kommunale Gesundheitsplanung nicht etabliert. Jedoch zeigen sich zunehmend Bestrebungen, evidenzbasierte Entscheidungen für eine gesundheitliche Chancengerechtigkeit zu implementieren. Um diesen Prozess qualitätsgesichert durchführen zu können, bedarf es für die Akteure des ÖGD einer umfassenden Ausbildung in HIA, denn die Anwendung der durch die WHO bereitgestellten Instrumententools benötigt Routine und umfassendes Erfahrungswissen.

Schlussfolgerungen:

Das mit HIA verbundene Potential für Gesundheitsförderung, Gesunderhaltung sowie Gesundheitsschutz braucht visionäre Strategien und einen starken politischen Willen zur Implementierung. Vorhandene Netzwerke wie „Gesunde Städte“ und „Healthy Cities“, aber auch kommunale planerische Gremien liefern hierzu einen wesentlichen Beitrag.

Regelmäßige Gesundheitskonferenzen auf der Grundlage von ausführlichen Basis- und themenbezogenen Spezialberichten der GBE fördern die Kommunikation und Vernetzung der vielfältigsten Akteure. Wissenschaftliche Evaluation und Versorgungsforschung begleiten den evidenzbasierten Prozess. Die intensive Bürgerbeteiligung als Teil des Gesamtprozesses eines HIA sichert die alltagsnahe Transparenz von kommunalpolitischen Entscheidungen. Der Erfolg des HIA durch den ÖGD sollte letztlich auch daran gemessen werden, inwieweit es gelingt, sozial benachteiligte Gruppen zu erreichen.