Gesundheitswesen 2019; 81(03): 260
DOI: 10.1055/s-0039-1679340
Vorträge
Fachausschuss GBE und Prävention
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Vom Wert der gemeinschaftlichen Selbsthilfe in der gesundheitlichen Versorgung als Aufgabe von Gesundheitsämtern

U Helms
1   NAKOS, Nationale Kontakt- und Informationsstelle zur Anregunge und Unterstützung von Selbsthilfegruppen, Berlin, Germany
,
C Jantzen
2   Gesundheitsamt Region Kassel, Kontakt- und Informationsstelle für Selbsthilfegruppen KISS, Kassel, Germany
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Publication History

Publication Date:
05 April 2019 (online)

 

Selbsthilfegruppen – Betroffenenkompetenz – kommunale Gesundheitsplanung/Prävention. Vom Wert der gemeinschaftlichen Selbsthilfe in der gesundheitlichen Versorgung und vom Wert der Selbsthilfeunterstützung als Aufgabe von Gesundheitsämtern.

In Selbsthilfegruppen schließen sich Menschen zusammen, um gemeinsam an Lösungswegen, Bewältigungsstrategien und Unterstützungsmöglichkeiten zu arbeiten. Sie verstehen, helfen und stärken sich gegenseitig in der Gruppe. Das Engagement in einer Selbsthilfegruppe basiert auf Eigeninitiative, befähigt zum Selbstmanagement und befördert die Wahrnehmung von Selbstwirksamkeit. Diese ressourcenorientierte, nicht defizitorientierte Engagementform festigt Selbstbewusstsein und Gestaltungsfähigkeit.

Die anerkannte Expertise der Selbsthilfe liegt in ihrem Erfahrungswissen. Dieses Wissen, auch Betroffenenkompetenz genannt, ist ihr Alleinstellungsmerkmal im System der gesundheitlichen Versorgung. Das ist das Wissen, was Betroffene an Betroffene weitergeben können. Und noch mehr: in die Gestaltung der Versorgungsstrukturen einbringen können, unter anderem im Wege der Patientenbeteiligung gemäß §140f SGB V. Über die Beteiligung der Selbsthilfe berichtet eine Vertreterin der NAKOS:

In der Selbsthilfe sind besonders viele chronisch kranke und behinderte Menschen engagiert. Die Arbeit in einer Selbsthilfegruppe zielt auf eine bessere Bewältigung von Krankheit und ihren Auswirkungen und auf die gesamte Lebenssituation und auf eine Vermeidung zusätzlicher gesundheitlicher Risiken bereits erkrankter Personen (Tertiärprävention).

Über Aufklärung und Beratung macht die Selbsthilfe zudem auf Gefährdungen aufmerksam und ermöglicht so auch Früherkennung und im Falle seltener Krankheiten oft auch schnellere Diagnostik. So hilft das Engagement den Mitgliedern einer Selbsthilfegruppe selbst, in großem Umfang aber auch anderen Betroffenen oder Gefährdeten. Gemeinschaftliche Selbsthilfe kann damit auch einen Beitrag zur Primärprävention leisten.

Die Unterstützung und Beratung von Selbsthilfegruppen und -Interessierten hat im Vergleich zu der herkömmlichen gesundheitsbezogenen Arbeit, dem Rollenverständnis und den Routinen der dort tätigen professionell Tätigen in Gesundheitsämtern ein anderes Profil: Die Beziehung von professionellen Berater/innen zu Betroffenen in Selbsthilfegruppen ist grundsätzlich kooperativ. Die Beteiligten sind gleichgestellte Partner. Das sind besondere Herausforderungen, welche am Beispiel des Gesundheitsamts Region Kassel vorgestellt werden sollen.