Kinder- und Jugendmedizin 2019; 19(02): 128
DOI: 10.1055/s-0039-1684073
Fallvorstellungen der Gewinner der Reisestipendien
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Daratumumab bei immunvermittelter Hämolyse

N Mukhammadaminova
1   Universitätsklinikum Heidelberg, Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, Klinik für Kinderheilkunde III, Onkologie, Hämatologie, Immunologie und Pneumologie, Heidelberg
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Publication Date:
17 April 2019 (online)

 

Immunhämolytische Anämien sind durch vorzeitige Destruktion von roten Blutzellen gekennzeichnet und potenziell lebensbedrohlich. Insbesondere die Immunhämolyse nach einer Transplantation oder die Alloimmunisierung gegen erythrozytäre Oberflächenmerkmale bei Patienten mit Transfusionsbedarf gehen mit einer erhöhten Mortalität und Morbidität einher. Die Behandlung ist häufig anspruchsvoll und beinhaltet Immunsuppressiva (u.a. Steroide, Azathioprin, Cyclosporin A, Cyclophosphamid, Vincristin, MMF, Rituximab, Bortezomib) und immunmodulierende Therapien (z.B. intravenöse Ig-Gaben oder Plasmapherese).

Daratumumab ist ein spezifischer CD38-Antikörper, der seit 2015 für die Behandlung des Multiplen Myelom zugelassen ist. Das Oberflächenprotein CD38 wird auf diversen hämatopoetischen Zellen, vor allem aber auf Plasmazellen stark exprimiert. Plasmazellen verlieren während ihrer Differenzierung die Expression von CD20, der Zielstruktur von Rituximab.

Es wurden retrospektiv Daten von 4 Patienten evaluiert, die aufgrund einer immunvermittelten Anämie u.a. mit Daratumumab mit unterschiedlichem Erfolg behandelt wurden.

  • Ein Patient mit beta-Thalassaemia major hatte Alloantikörper gegen das Rhesusmerkmal C entwickelt. Die einzige HLA-identische Schwester war für dieses Merkmal positiv. Nach der KMT kam es bei einem stabilen gemischten Chimärismus zu einer autologen Rekonstitution der Erythropoese mit erneutem Transfusionsbedarf. Unter einer Behandlung mit Rituximab und Bortezomib blieb der Patient transfusionsbedürftig, jedoch stellte sich fast unmittelbar nach nach Daratumumab Transfusionsunabhängigkeit durch Erholung der Spendererythropoese ein.

  • Ein weiterer Patient mit beta-Thalassaemia major hatte transfusionsbedingt eine Allo- und Autoimmunisierung entwickelt. Als Vorbereitung vor einer geplanten SZT wurde der Patient u.a. mit Daratumumab behandelt. Nach der Behandlung zeigte der Patient einen negativen Antikörperbefund und einen verminderten Transfusionsbedarf. Jedoch verstarb er aufgrund einer schweren VOD und einer CMV-Pneumonie nach der Transplantation.

  • Eine Patientin mit Sichelzellkrankheit hatte eine ausgeprägte verzögerte Transfusionsreaktion (DHTR) entwickelt. Trotz Behandlung mit u.a. i.v.-Immunglobulinen, Rituximab, Eculizumab, Plasmapheresen und Kortikosteroiden kam es nach jeder weiteren Transfusion zu erneuten Hämolysen. Auch nach Behandlung mit Daratumumab trat erneut eine verzögerte hämolytische Transfusionsreaktion auf.

  • Ein Patient mit SCD entwickelte nach allogener KMT vom HLA-identen Fremdspender einen stabilen gemischten Chimärismus. Allerdings rekonstituierte sich die Erythropoese autolog, sodass erneut eine Sichelzellkrankheit vorlag. Alloantikörper waren nicht nachweisbar, dennoch wurde unter der Vorstellung einer humoral vermittelten Alloreaktion gegen die Spendererythropoese Daratumumab appliziert. Eine Erholung der Spendererythropoese trat zu keinem Zeitpunkt ein, im Verlauf entwickelte der Patient ein transientes Knochenmarkversagen nach Donorlymphozyteninfusion.

Bei allen Patienten wurde durch die Kombination aus Daratumumab und Rituximab eine vorübergehende Depletion antikörperproduzierender Zellen erreicht, die sich u.a. im Abfall von IgM und IgA in den Bereich unterhalb der Nachweisgrenze ausdrückte. Ein nachhaltiger Erfolg stellte sich bei dem Patienten nach allo-SZT ein, bei dem zuvor klar Alloantikörper nachgewiesen worden waren. Offensichtlich konnten die korrespondierenden autologen Plasmazellen in der Situation nach Allotransplantation nachhaltig eradiziert werden.