Kinder- und Jugendmedizin 2019; 19(02): 129
DOI: 10.1055/s-0039-1684076
Fertilität und Schwangerschaft
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Möglichkeiten fertilitätserhaltender Maßnahmen vor allogener Stammzelltransplantation bei Jungen und jungen Männern

A Barnbrock
1   Universitätsklinikum Frankfurt, Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Schwerpunkt Hämatologie, Onkologie und Hämostaseologie, Frankfurt
› Author Affiliations
Further Information

Publication History

Publication Date:
17 April 2019 (online)

 

Chemotherapie und Radiotherapie können bei Jungen und Männern bleibende Schäden ihrer Fertilität hinterlassen. Dabei ist das Risiko für solche Schäden immer abhängig vom Alter, von der Erkrankung und dem Therapieregime. Dabei ist nicht nur der adulte Hoden, sondern auch der unreife kindliche Hoden durch Schädigung der unreifen Spermatogonien dem Risiko bleibender Schäden mit der Folge einer Infertilität ausgesetzt. Bei den bei vielen onkologischen Krankheitsentitäten drastisch verbesserten Heilungschancen bei kindlichen Krebserkrankungen und nach Stammzelltransplantation für maligne und nicht maligne Krankheiten (Thalassämie, Sichelzellerkrankung, Immundefekte) ist daher eine dezidierte und individuell an das jeweilige gonadotoxische Risiko der Therapie und den Patienten angepasste Beratung zum möglichen Schaden durch die Therapie und mögliche fertilitätserhaltende Maßnahmen von großer Bedeutung. Gerade nach allogener Stammzelltransplantation ist das Risiko für eine Infertilität mit 70 – 80% sehr hoch.

Seit Jahrzehnten etabliert ist die Kryokonservierung von Spermien. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass die Spermienflüssigkeit via Masturbation gewonnen werden kann. Eine Alternative, falls dies nicht möglich ist, ist eine Hodenbiospie, die als testikuläre Spermienextraktion (TESE) durchführt wird und ebenfalls zu guten Ergebnissen für die Kryokonservierung führt. Die Ansätze, bei präpubertären Jungen nach einer Hodenbiospie im unreifen Hodengewebe eine Spermatogenese zu induzieren, sind noch rein experimentell, wobei weltweit verschiedene Forschungsvorhaben sich intensiv mit diesem Thema beschäftigen. Diese haben 3 Schwerpunkte:

  • Transplantation der Spermatogonien,

  • Allo-/Auto-Transplantation des Hodengewebes und

  • In-vitro-Maturation von immaturem Hodengewebe.

Wann immer dabei Gewebe transferiert wird, ist das Risiko der Kontamination mit malignen Zellen bei systemischen malignen Erkrankungen zu bedenken. Entlastend darf den Patienten mitgeteilt werden, dass ehemalige Patienten, die im Kindes- und Jugendalter Chemo- oder Radiotherapie erhalten haben, kein erhöhtes Risiko haben, dass ihre Nachkommen Fehlbildungen haben. Des Weiteren sind Nachsorgenkonzepte gerade auch für das Thema Fertilität für die ehemaligen Patienten von großer Bedeutung und sollten mit dem Patienten in den Blick genommen werden.