Kinder- und Jugendmedizin 2019; 19(02): 130
DOI: 10.1055/s-0039-1684082
Seltene Hämoglobinopathien
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Methämoglobine

O Andres
1   Universitäts-Kinderklinik Würzburg
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Publication Date:
17 April 2019 (online)

 

Führendes Symptom der Methämoglobinämien ist die Zyanose, welche bei einer Methämoglobinkonzentration von mehr als 10% des Gesamthämoglobins oder 1,5 g/dl entsteht. Der beeinträchtigte Sauerstofftransport führt bei höheren Konzentrationen zu neurologischen und kardiozirkulatorischen Symptomen (Schwindel, Übelkeit, Kopfschmerzen, Tachykardie, Dyspnoe und Vigilanzstörungen), im Extremfall sogar zum Tod. Pathophysiologisch lassen sich erworbene toxische Methämoglobinämien von angeborenen Formen durch Hämoglobine mit erhöhter Spontanoxidation, anomalem Hämoglobin M oder einem Defekt im reduzierenden Enzymsystem der Erythrozyten unterscheiden.

Bei den Hämoglobinen mit erhöhter Spontanoxidation bestehen Überschneidungen mit instabilen Hämoglobinvarianten oder Varianten mit gestörter Sauerstoffaffinität. Bei den M-Hämoglobinen können die α-, β- oder γ-Globinketten betroffen sein. Während bei α-Methämoglobinen (M-Iwate, M-Boston) schon Neugeborene Symptome einer Zyanose zeigen, manifestieren sich β-Methämoglobine (M-Saskatoon, M-Milwaukee, M-Hyde Park) erst allmählich im Säuglingsalter. Fetale Methämoglobinämien (HbFM-Osaka oder HbFM-Fort Ripley) sind durch eine fetale und neonatale Zyanose bis zum frühen Säuglingsalter gekennzeichnet. Bei der ebenfalls seltenen autosomal-rezessiven enzymopenischen Methämoglobinämie, die entsprechend ihrer Pathophysiologie in 4 Typen klassifiziert werden kann, besteht eine quantitative oder qualitative Störung der Cytochrom-b5-Reduktase oder von Cytochrom b5. Die toxische, meist transiente Form der Methämoglobinämie wird durch oxidierende Substanzen oder Medikamente (Nitrate, Nitrit, Nitroverbindungen, Lokalanästhetika, Chloroquin, Dapson, Sulfonamide, Phenacetin) verursacht oder ist Begleitphänomen einer Kuhmilchproteinintoleranz.

Neben Grundlagen der Pathophysiologie und -biochemie werden die klinische Präsentation sowie die differenziellen diagnostischen und therapeutischen Optionen der einzelnen Entitäten im klinischen Alltag diskutiert.