Aktuelle Ernährungsmedizin 2019; 44(02): 140-141
DOI: 10.1055/s-0039-1684907
6) Klinische Ernährungsmedizin I: Prävention und Lebensstil
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Einfluss von TV-Werbung für ungesunde Nahrungsmittel auf den Body-Mass-Index und den Fastfood- und Softdrinkkonsum von Jugendlichen

J Boesch
1   Institut für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie, Medizinische Fakultät der Christian-Albrechts Universität zu Kiel
,
M Morgenstern
1   Institut für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie, Medizinische Fakultät der Christian-Albrechts Universität zu Kiel
,
M Siniatchkin
1   Institut für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie, Medizinische Fakultät der Christian-Albrechts Universität zu Kiel
› Author Affiliations
Further Information

Publication History

Publication Date:
26 April 2019 (online)

 

Hintergrund:

Die hohe Prävalenz von Übergewicht bei deutschen Kindern und Jugendlichen wird unter anderem mit einem gesteigerten Konsum von Bildschirmmedien mit einhergehender geringer körperlicher Aktivität in Verbindung gebracht. Der Einfluss von im Fernsehen gesehenen Inhalten auf das Ernährungsverhalten und den BMI von Kindern und Jugendlichen ist bislang kaum untersucht worden.

Zielsetzung:

Ziel der Studie war die Prüfung der Hypothese, dass ein erhöhter Kontakt mit Werbung für Fastfood und Softdrinks zum vermehrten Konsum ungesunder Nahrungsmittel und damit zu Übergewicht führt.

Methodik:

Longitudinale Beobachtungsstudie über 30 Monate an 1314 Schüler/innen (M = 12,4 Jahre zur Baselinebefragung) aus 29 deutschen Schulen in drei Bundesländern. Mittels Fragebogen wurden Größe, Gewicht und Nahrungsmittelpräferenzen der Schüler/innen erfasst. Der Werbekontakt wurde über die Bekanntheit von Standbildern verschiedener Fernsehwerbungen für Nahrungsmittel angenähert. Mittels Regressionsanalyse wurden das BMI-Perzentil und der Konsum von Fastfood und Softdrinks in Abhängigkeit des Werbekontaktes vorhergesagt. Kontrolliert wurde in den Regressionsmodellen das vorherige BMI-Perzentil, der vorherige Fastfood- und Softdrinkkonsum, der sozioökonomische Status, das Ausmaß an körperlicher Aktivität, TV-Konsum, Alter, Geschlecht, Frühstück zu Hause und gemeinsame Familienmahlzeiten.

Ergebnisse:

Die Prävalenz von Übergewicht, definiert als BMI oberhalb der 90. Perzentile, lag in der Stichprobe bei 9,6% und stieg bis zum letzten Follow-up auf 10,8%. Der Kontakt zu Fastfood-und Softdrinkwerbung war ein signifikanter Prädiktor für das BMI-Perzentil, auch unter vollständiger Kovariatenkontrolle (β= 0,05; p = 0,037). Ebenfalls zeigte sich eine signifikante Assoziation zwischen dem Konsum von Fastfood und Softdrinks und dem Kontakt zu Fernsehwerbung für genau diese Produkte (β= 0,20, p = 0,001).

Schlussfolgerungen:

Die beschriebenen Ergebnisse implizieren, dass der Zusammenhang zwischen Fernsehkonsum und Übergewicht bei Jugendlichen unter anderem auf den Kontakt zu Werbung für ungesunde und energiereiche Nahrungsmittel und eine dadurch verursachte langfristige Änderung der Ernährungsgewohnheiten zurückzuführen ist. Aufgrund dessen scheint es für die Prävention von Übergewicht im Kindes- und Jugendalter empfehlenswert, nicht nur die reine Medienzeit von Kindern und Jugendlichen zu reglementieren, sondern auch die konsumierten Inhalte.