Z Gastroenterol 2019; 57(06): e178
DOI: 10.1055/s-0039-1688872
Kategorie: Der interessante Fall
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Kolorektales HNPCC-Karzinom und HNPCC assoziierte Zweitmalignome: neue Therapieoption durch Checkpoint-Inhibitoren an Hand eines Fallbeispiels

C Schäfer
1   Medizinische Klinik II, Klinikum Neumarkt; Chirurgische Klinik, Klinikum Neumarkt; Institut für Pathologie der Universität Regensburg
,
BM Rau
1   Medizinische Klinik II, Klinikum Neumarkt; Chirurgische Klinik, Klinikum Neumarkt; Institut für Pathologie der Universität Regensburg
,
S Reitinger
1   Medizinische Klinik II, Klinikum Neumarkt; Chirurgische Klinik, Klinikum Neumarkt; Institut für Pathologie der Universität Regensburg
,
K Utpatel
1   Medizinische Klinik II, Klinikum Neumarkt; Chirurgische Klinik, Klinikum Neumarkt; Institut für Pathologie der Universität Regensburg
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Publication History

Publication Date:
28 May 2019 (online)

 

Hintergrund:

Ca. 15% aller CRCs sind mit einer hohen Mikrosatelliten-Instabilität (MSI-H) assoziiert. Zugrunde liegen Defekte in den DNA-Reparaturgenen. Das Mismatch-Reparatursystem besteht aus zahlreichen Proteinen, wobei MLH1, MSH2, MSH3, MSH6 und PMS2 die bekanntesten sind. Mutationen in den Genen, die für die Erkennung der „fehlerhaften“ DNA verantwortlich sind, führen zu einer Akkumulation der fehlerhaften DNA und damit zu MSI-High. Nicht-reparierte Mikrosatellitenveränderungen indizieren Mutationen im kodierenden Genom, die dann zur Karzinomentstehung führen („MSI-Signalweg“). Patienten mit HNPCC müssen engmaschig nachbeobachtet werden. Entsprechend den Empfehlungen der Fachgesellschaften gehört hierzu auch die Gastroskopie.

Wir berichten hier über einen 61-jährigen Patienten, der sich 2005 erstmals mit einem Colonkarzinom zur Hemikolektomie re. in unserer Klinik vorstellte. Die damalige abschließende Histologie ergab ein mittelgradig differenziertes herdförmig schleimbildenes Adenokarzinom. Immunhistochemisch zeigte sich ein Ausfall der DNA-Reparaturenzyme MLH1 und PMS2. Molekularpathologisch konnte eine hohe Mikrosatelliteninstabilität und eine hohe Methylierung des MLH1-Gen-Promoters nachgewiesen werden. Dieser Befund spricht für ein sporadisches MSI-H Colonkarzinom. Es erfolgte eine adjuvante Chemotherapie mit 12-Zyklen FOLFOX. Die nachfolgenden Kontrollen inkl. jährlicher Coloskopien waren bis 6/2018 unauffällig. Eine jährliche Gastroskopie wurde nicht durchgeführt. Im Dezember 2018 stellte sich der Patient mit einer Walnuss-großen Schwellung supraclaviculär links, AZ-Verschlechterung, Anämie und Teerstuhl zu einer ambulanten ÖGD auswärts vor. Hier zeigte sich ein großer stenosierender Duodenaltumor im Bereich der Papille. In der weiterführenden Diagnostik bei uns zeigte sich endosonografisch das Bild eines 6 × 4,5 cm großen Papillenkarzinoms. Ct-grafisch fanden sich multiple, bis 5 cm große, Lymphknotenmetastasen supraclaviculär, mediastinal, retroperitoneal und abdominell. Histologisch zeigten sich Zellen eines undifferenzierten Adenokarzinoms (Malignitätsgrad: G3-G4), wobei das Immunprofil nicht typisch für ein Kolonkarzinom war. Die anschl. molekularpatholog. Untersuchungen ergaben ein MSI-H Adenokarzinom, mit hoher PD-L1-Expression ohne Nachweis einer KRAS, NRAS oder BRAF-Mutation, aber wiederum mit Nachweis einer starken MLH1-Promotermethylierung, vereinbar mit einem sporadischen MSI-H Adenokarzinom als metachronen Zweittumor der Papille. Nach ausführlicher Diskussion wurde, basierend auf den Daten von Le et al. eine Therapie mit Pembrolizumab beantragt und nach Bewilligung im Dezember 2018 begonnen. Bereits nach einer Gabe 200 mg Pembrolizumab war die Lymphknotenmetastase supraclaviculär nicht mehr tastbar. Nach 3 Gaben zeigte die endoskopische Kontrolle keinen Tumornachweis mehr. Der Pat. befindet sich in exzellentem Zustand.

Zusammenfassung:

Aufgrund des jungen Patientenalters bei Erstdiagnose des Coecumkarzinoms erfolgte eine humangenetische Abklärung auf ein HNPCC Syndrom. Hier konnte eine Keimbahnmutation des MLH1 oder PMS2-Gens nicht bestätigt werden. Allerdings zeigte sich eine MLH1 Promotermethylierung, sodass ein HNPCC/Lynch-Syndrom Phänotyp vorliegt. Diese Patienten sollten deshalb in ein engmaschiges HNPCC-Früherkennungsprogramm entsprechend der S3-Leitlinie Kolorektales Karzinom aufgenommen werden. Hier ist auf die Durchführung einer jährlichen Gastroskopie im Rahmen der Nachsorge und Früherkennung zu achten.

Für die Sonderform der MSI-H-Patienten steht mit den neuen Checkpoint-Inhibitoren eine hocheffiziente Therapie zur Verfügung.