Z Gastroenterol 2019; 57(05): e132
DOI: 10.1055/s-0039-1691859
VORTRÄGE
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Lipocalin-2 in der Muttermilch, Regulation und Einfluss auf die Etablierung intestinaler Inflammation

C Watschinger
1   Christian Doppler Laboratory for Mucosal Immunology, Medical University Innsbruck, Innsbruck, Austria
,
RR Gerner
1   Christian Doppler Laboratory for Mucosal Immunology, Medical University Innsbruck, Innsbruck, Austria
2   Department of Internal Medicine 1, Medical University Innsbruck, Innsbruck, Austria
,
B Texler
1   Christian Doppler Laboratory for Mucosal Immunology, Medical University Innsbruck, Innsbruck, Austria
,
A Pfister
1   Christian Doppler Laboratory for Mucosal Immunology, Medical University Innsbruck, Innsbruck, Austria
2   Department of Internal Medicine 1, Medical University Innsbruck, Innsbruck, Austria
,
W Doppler
3   Section for Medical Biochemistry, Medical University Innsbruck, Innsbruck, Austria
,
H Tilg
2   Department of Internal Medicine 1, Medical University Innsbruck, Innsbruck, Austria
,
AR Moschen
1   Christian Doppler Laboratory for Mucosal Immunology, Medical University Innsbruck, Innsbruck, Austria
2   Department of Internal Medicine 1, Medical University Innsbruck, Innsbruck, Austria
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Weitere Informationen

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
16. Mai 2019 (online)

 

Hintergrund:

Lipocalin-2 (Lcn2) ist ein Akut-Phase-Protein, das im Rahmen von Entzündungsreaktionen überexprimiert wird und bakteriellen Infektionen über die Bindung von Siderophore entgegenwirkt. Im Rahmen chronisch entzündlicher Darmerkrankungen (CED) werden große Mengen Lcn2 ins Darmlumen sezerniert, und eine Lcn2 Defizienz resultiert in einer drastischen Verschlechterung der Colitis und fördert die Entstehung von Colitis-assoziierten Tumoren. Das frühe Auftreten dieses Phänotyps veranlasste uns zur Hypothese, dass Lcn2 bereits in der Muttermilch relevant sein könnte.

Methodik:

Um Präsenz von Lcn2 in der Muttermilch nachzuweisen, wurden laktierende Mäuse „gemolken“ bzw. Muttermilch aus dem Magen von 1, 2, und 3 Wochen alten Jungmäusen entnommen und mittels ELISA quantifiziert. Des Weiteren wurde die Lcn2 Produktion in laktierenden murinen Brustdrüsen unterschiedlicher Stadien mittels qPCR und Immunhistochemie analysiert. In vitro wurden HC11 murine Brustdrüsenzellen in differenzierten und undifferenzierten Stadien verwendet. Schließlich wurden „Ammenexperimente“ durchgeführt und die Etablierung intestinaler Entzündung in IL-10 -/- Mäusen, die entweder von Wildtyp oder Lcn2 -/- Ammen (mit bzw. ohne Lcn2 in der Muttermilch) gestillt wurden, untersucht.

Ergebnisse:

Wir konnten nachweisen, dass Lcn2 in großen Mengen vom Brustdrüsenepithel (Maus und Mensch) gebildet und in die Muttermilch abgegeben wird. Systemische Entzündung, wie sie unter anderem bei aktiver CED vorkommt, beeinflusst diese Lcn2 Produktion. Im Zellkulturmodell konnte außerdem ein Einfluss von Entzündungsfaktoren auf die laktogene Differenzierung dieser Zellen gefunden werden. Fehlendes Lcn2 in der Muttermilch von „darmgesunden“ Ammen führte, im Unterschied zu Lcn2-haltiger Milch, zu einer früh auftretenden und schwereren Entzündungsreaktion in den entsprechend gesäugten IL-10 -/- Mäusen.

Conclusio:

Diese Daten legen nahe, dass Lcn2 bereits sehr früh in der Entwicklung Einfluss auf die Mikrobiomentwicklung und die Prägung des intestinalen Immunsystems nimmt und eine fehlende bzw. unzureichende Lcn2 Produktion in der Muttermilch ungünstige Auswirkungen hat. Wir planen derzeit eine humane Studie, im Rahmen derer wir die Auswirkung einer aktiven CED auf die Zusammensetzung der Muttermilch studieren.