Suchttherapie 2019; 20(S 01)
DOI: 10.1055/s-0039-1696126
Symposien
S12  Komorbiditäten und Behandlungsoptionen bei Jugendlichen & jungen Erwachsenen mit Suchterkrankungen
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Lost in Transition

ADHS, Substanzkonsum, Traumatisierung … und dann auch noch der Übergang ins Erwachsenenalter
M Luderer
1   Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie, Universitätsklinik Frankfurt, Goethe-Universität Frankfurt.
,
N Kaplan-Wickel
2   MEDIAN Klinik Wilhelmsheim
,
A Richter
2   MEDIAN Klinik Wilhelmsheim
,
I Reinhard
3   Klinik für Abhängiges Verhalten und Suchtmedizin, Zentralinstitut für Seelische Gesundheit, Medizinische Fakultät Mannheim, Universität Heidelberg
,
C Sick
2   MEDIAN Klinik Wilhelmsheim
,
F Kiefer
4   Abteilung für Biostatistik, Zentralinstitut für Seelische Gesundheit, Medizinische Fakultät Mannheim, Universität Heidelberg
,
T Weber
2   MEDIAN Klinik Wilhelmsheim
› Institutsangaben
Weitere Informationen

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
03. September 2019 (online)

 

Einleitung Die Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS) erhöht das Risiko für eine spätere stoffgebundene Abhängigkeitserkrankung und beeinflusst den Verlauf beider Erkrankungen negativ. Darüber hinaus erhöhen sowohl ADHS als auch Suchterkrankungen das Risiko für traumatische Erfahrungen.

Diagnostik und Behandlung der ADHS bei komorbider Suchterkrankung stellen – auch aufgrund der überlappenden Symptome und der häufigen zusätzlichen Komorbidität – eine Herausforderung dar. Seit kurzem gibt es allerdings internationale Experten-Empfehlungen und die S3-Leitlinie ADHS, die Empfehlungen zu Diagnostik und Therapie geben.

Methode In einer großen Stichprobe stabil abstinenter erwachsener Alkoholabhängiger wurde die ADHS-Prävalenz mit einem aufwändigen Procedere erhoben. Mit Hilfe von Fragebögen wurden außerdem der Schweregrad der Abhängigkeit sowie die Häufigkeit und Belastung durch traumatische Erfahrungen erfasst.

Im zweiten Teil des Vortrags werden die aktuellen Empfehlungen zusammengefasst.

Ergebnisse Die ADHS-Prävalenz lag bei 20,5%. Bei den Patienten, die jünger als 30 Jahre waren, waren sogar ca. die Hälfte betroffen. Nur 6% der Betroffenen hatten zuvor jemals eine ADHS-Diagnose erhalten. Patienten mit komorbider ADHS waren schwerer alkoholabhängig, berichteten signifikant häufiger über traumatische Erfahrungen und waren durch diese signifikant höher belastet.

Die Behandlung der ADHS bei komorbider Suchterkrankung kann leitliniengerecht mit langwirksamen Stimulanzien oder Atomoxetin durchgeführt werden, wenngleich der Behandlungserfolg geringer ist als bei der ADHS ohne komorbide Suchterkrankung.

Diskussion ADHS bei Alkoholabhängigen ist zusätzlich noch mit häufigeren und belastenden traumatischen Erfahrungen assoziiert. Die Wechselwirkung aus ADHS-Symptomen, Traumatisierung und Substanzkonsum führt zu einem schnelleren Übergang in die dann schwerer ausgeprägte Alkoholabhängigkeit. Die möglichst frühzeitige Behandlung der ADHS ist auch bei bestehender Suchterkrankung möglich und sinnvoll.