Osteologie 2020; 29(01): 69-70
DOI: 10.1055/s-0039-3402884
3. Posterbegehung 3
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Verlust der metaphysären Knochenqualität nach einer Fraktur des Femurs

Eine Überprüfung in einem Tiermodell
A Kurth
1   Gemeinschaftsklinikum Mittelrhein gGmbH, Kemperhof Koblenz, Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, Hand-, Wiederherstellungschirurgie, Koblenz, Germany
,
P Augat
2   Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Murnau, Murnau, Germany
,
B Habermann
3   Orthopädische Praxis am Fürstenhof, Frankfurt am Main, Germany
› Author Affiliations
Further Information

Publication History

Publication Date:
25 February 2020 (online)

 

Einleitung In der internationalen Literatur wird die Hüftfraktur als sehr hohes Risiko für eine weitere osteoporotische Fraktur angesehen. Das Risiko, im ersten Jahr eine Fraktur der kontralateralen Seite zu erleiden, ist um das 5- bis 7-Fache erhöht (Lee S-H et al. 2016). Es stellt sich die Frage, ob die Ursache immer der systemische Knochenmasseverlust ist oder ob auch posttraumatische Veränderungen zu lokalen Veränderungen führen. In der Literatur sind bislang keine Tiermodelle beschrieben, die das Problem des lokalen und regionalen Knochendichteverlustes nach Fraktur widerspiegeln.

Methode Verwendet wurde die weibliche Sprague Dawley Ratte. Die Tiere der Osteoporose-Gruppen (n = 15) wurden im Alter von zwölf Wochen ovariektomiert, die nicht ovariektomierte Gruppe (n = 15) nur scheinoperiert. Alle Tiere wurden nach dem Fraktur-Modell von Bonnarens und Einhorn operiert, es wurde eine Femurschaftfraktur gesetzt. Die Tiere wurden nach 28 Tagen getötet und die Knochen gewonnen. Die Micro-CT-Untersuchungen wurden an einem MicroCT 80 (Fa. Scanco Medical, CH) durchgeführt. Der gesamte Knochen wurde in 250 Schichten mit der Dicke 20 µm gescannt. Manuell wurde dann ein Zylinder mit einer Höhe von 0,8 mm und einem Volumen von 1,5 mm³ definiert und in die proximale Metaphyse gelegt. Ausgewertet wurden die Knochendichte (bone density; mgHA/cm³), die Anzahl der Trabekel (1/mm) und deren Dicke (mm) sowie die intertrabekuläre Vernetzung (1/mm³). Die Knochendichte wurde über die mittleren Punktwerte (mean voxel values) bestimmt.

Ergebnisse Die Auswertung des nicht frakturierten Femurs zeigt einen signifikanten Abfall der Knochendichte nach Ovariektomie (–24,2; p < 0,05). Ebenso signifikant war ein Abfall der Trabekelanzahl (–27,1 %; p < 0,05). Die Reduktion der Trabekeldicke (–12,0 %) und der trabekulären Vernetzung (–20,4 %) nach Ovariektomie waren jeweils nicht signifikant. Vergleicht man die frakturierte mit der nicht frakturierten Seite, so ist bei den nicht ovariektomierten Tieren nach Fraktur ein signifikanter Abfall der Knochendichte in der proximalen Metaphyse des Femurs zu sehen (–26,1 %; p < 0,05). Die übrigen Veränderungen innerhalb der nicht frakturierten Gruppe sind nicht signifikant. Anzahl der Trabekel und intertrabekuläre Vernetzung zeigen auf der frakturierten Seite nichtsignifikante höhere Werte. Nach Ovariektomie und Fraktur ist der Abfall der Knochendichte hochsignifikant (–28,3 %; p < 0,001). Eine signifikante Reduktion zeigt sich für die Anzahl (–22,9 %; p < 0,05) und Dicke (–20,7 %; p < 0,001) der Trabekel sowie für die intertrabekuläre Vernetzung (–20,1 %; p < 0,001).

Diskussion Eine Reduktion der Knochendichte an der ipsilateralen Extremität nach Fraktur ist seit längerem in der Literatur beschrieben. Auf der kontralateralen Seite jedoch nicht. Zusätzlich wurde bislang weder im Tierexperiment noch in der klinischen Beobachtung der Einfluss einer vorbestehenden Osteoporose berücksichtigt. In dieser Studie konnte ein Tiermodell etabliert werden, welches den Einfluss der generalisierten Osteopenie auf die metaphysären Veränderungen nach diaphysärer Fraktur widerspiegelt. Eine Fraktur scheint weitreichende negative Konsequenzen auf die Knochenqualität haben.

Korrespondenzadresse Andreas Kurth, Gemeinschaftsklinikum Mittelrhein gGmbH, Kemperhof Koblenz, Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, Hand-, Wiederherstellungschirurgie, Koblenzerstr. 115-155, 56073 Koblenz, Deutschland,

E-Mail kurth@dv-osteologie.de