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DOI: 10.1055/s-0039-3402885
Warum Halswirbel nicht brechen – eine biomechanische Annäherung durch Belastungsversuche an menschlichen Wirbelkörpern eines 79-jährigen Körperspenders
Publication History
Publication Date:
25 February 2020 (online)
Einleitung Da Halswirbelkörperfrakturen auch bei klinisch manifester Osteoporose nicht beschrieben werden, war das Ziel der vorliegenden Untersuchung, Material- und Struktureigenschaften der HWS zu erfassen, die diese Befunde erklären können.
Methode Untersucht wurde die Spongiosa aus allen 24 Wirbelkörpern der HWS, BWS und LWS eines 79-jährigen Körperspenders hinsichtlich Knochenmineralgehalt (BMD), Trabekeldicke (Tb. Th.) und deren Separation (Tb. Sp.). Darüber hinaus ermittelten wir Kräfte und Spannungen, die im Belastungsversuch zur Erzeugung einer Fraktur 1. Grades führte [1]. Mittels Jamshidi-Nadel® wurden aus allen Wirbelkörpern Proben gewonnen und jeweils mit Feuchttuch in einem 1,5 ml Eppendorf-Reaktionsgefäß vorbereitet. Die Untersuchungen wurden mithilfe eines µ-CT (SKYSCAN 1172, RJL Micro & Analytic GmbH, Deutschland) durchgeführt. Dazu wurden eine Flat-Field-Korrektur sowie ein Vergleich mit Phantomen (Referenz) einer Dichte von 0,25 g/cm3 und 0,75 g/cm3 vorgenommen. Bestehende Frakturen oder signifikante Knochenerkrankungen an der gesamten Wirbelsäule wurden durch hochauflösende CT-Aufnahmen bewertet (GE Revolution EVO/64 Zeilen CT/Schichtdicke < 1 mm). Um einen möglichst homogenen, anatomisch analogen Weichteilmantel zu simulieren, wurde das Wirbelsäulenpräparat zuvor in ein Plexiglas-Wasserphantom mit einem Durchmesser von 25 cm, möglichst luftfrei, eingebettet [2]. Zur Visualisierung der Wirbelsäulenanatomie und zur Flächenbestimmung der einzelnen Wirbel wurde eine 3-D-Rekonstruktion an einer externen Workstation (GE AW-Server® Version 2.0. Vermessung der Wirbelsäulen in GE Centricity RIS-i® Version 5.0.) durchgeführt. Die Belastungsversuche der Wirbelkörper HWK 3 bis LWK 5 wurden auf einer servohydraulischen Prüfmaschine (MTS 858, MTS Systems Cooperation, Eden Prairie, USA) durchgeführt.
Ergebnisse Der Knochenmineralgehalt der HWS ist signifikant höher als in der BWS (p = 0,011), nicht jedoch als in der LWS (p > 0,05). Die Tb. Th. der HWS ist signifikant höher als in der LWS (p = 0,042). Hinsichtlich der Tb. Sp. ließen sich keine statistisch bedeutsamen Unterschiede zwischen den Abschnitten der Wirbelsäule feststellen (p > 0,05). Die Kraft, notwendig zur Erzeugung einer Fraktur Grad 1, ist in allen 3 WS-Abschnitten gleich (p > 0,05), angepasst auf die Größe und Flächen der Wirbelkörper jedoch in der HWS 5-mal höher.
Diskussion Halswirbelkörper haben aufgrund einer dichteren Struktur und einer stärkeren Mineralisierung eine signifikant größere Belastbarkeit als die Brust- und Lendenwirbelkörper. Am ehesten führt die hohe biomechanische Belastung der Halswirbelkörper zu diesen Eigenschaften.
Daten ausgedrückt als Mittelwert ± Standardabweichung (MW ± SD) mit Minimum-Maximum (Min-Max) und Anzahl (n) der verfügbaren Observationen
LWS |
BMD (mg/cm3) |
---|---|
L1 L2 L3 Ø (L1–L3) |
65,6 71,7 70,8 69,4 |
Daten ausgedrückt als Mittelwert ± Standardabweichung (MW ± SD) mit Minimum-Maximum (Min-Max)
80-110 mg/cm3 geringes Fx-Risiko
50–80 mg/cm3 m äßig erhöhtes Fx-Risiko <50 mg/cm3 deutlich erhöhtes Fx-Risiko (Felsenberg D, Gowin W. Bonedensito-metryby dual energymethods. Radiologe 1999; 39: 186 – 93)
Keywords Biomechanik, Wirbelsäule Knochendichte, Mikro-CT, Trabekeldicke, Trabekelseparation
Korrespondenzadresse Guido Schröder, Universitätsmedizin Rostock, Abteilung für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie, Schillingallee 35, 18057 Rostock, Deutschland,
E-Mail guido.schroeder1@gmx.net