Pneumologie 2020; 74(S 01): 135
DOI: 10.1055/s-0039-3403370
Posterbegehung (PO26) – Sektion Klinische Pneumologie
Die spannende Welt der Pneumologie – Kasuistiken II & mehr
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Durch Streckmittel verunreinigtes Cannabis als Ursache für eine diffuse granulomatöse Entzündung der Lunge – ein Fallbericht

D Krieger
1   Klinik für Pneumologie, Lungenklinik Heckeshorn, Helios Klinikum Emil von Behring, Berlin
,
TG Blum
1   Klinik für Pneumologie, Lungenklinik Heckeshorn, Helios Klinikum Emil von Behring, Berlin
,
N Schönfeld
1   Klinik für Pneumologie, Lungenklinik Heckeshorn, Helios Klinikum Emil von Behring, Berlin
,
S Griff
2   Institut für Gewebediagnostik/Pathologie, Helios Klinikum Emil von Behring, Berlin
,
C Großwendt
3   Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, Helios Klinikum Emil von Behring, Berlin
,
TT Bauer
1   Klinik für Pneumologie, Lungenklinik Heckeshorn, Helios Klinikum Emil von Behring, Berlin
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Publication History

Publication Date:
28 February 2020 (online)

 

Hintergrund: Diffuse parenchymale Lungenerkrankungen können in seltenen Fällen durch die Inhalation kleinster Fremdkörperpartikel verursacht werden.

Pneumokoniosen durch Streckmittel-veränderte inhalierbare Drogen sind in der Literatur bereits beschrieben worden.

Kasuistik: Wir berichten von einem 50-jährigen Patienten, der über eine progrediente Belastungsdyspnoe klagte. Andere Vorerkrankungen waren nicht bekannt. Beruflich bestand keine Exposition zu inhalativen Noxen.

In einer Computertomographie des Thorax zeigten sich subpleural kleine bullöse emphysematöse Veränderungen/Bronchiektasen sowie diskrete Fibrosierung. Das Lungenparenchym insgesamt zeigte kleine fokale noduläre flaue infiltrative Befunde, sowohl peripher als auch zentral zu finden.

Bei unauffälliger immunserologischer sowie immunzytologischer Befunde strebten wir eine offene Lungenbiopsie an.

Histologisch fanden sich im Keilresektat verschieden große, scharf umschriebene epitheloidzellige Granulome, ohne zentrale Nekrose. In diesen Granulomen fanden sich zahlreiche Riesenzellen, teils vom Langhanstyp, überwiegend jedoch Fremdkörperriesenzellen. Diese zeigten an einer Stelle deutlich doppeltbrechendes Fremdmaterial intrazytoplasmatisch. Eine nennenswerte lymphozytäre Begleitinfiltration fand sich nicht. Die Granulome sind diffus in der Lunge verteilt ohne nennenswerte bronchoalveoläre Beziehung.

An inhalativen Noxen war ausschließlich ein langjähriger Cannabiskonsum zu eruieren. Der Patient wies bei genauer Anamnese selber auf die Möglichkeit durch Streckmittelverunreinigungen hin. An gängigen Marihuana-Streckmitteln finden sich heutzutage z. B. Brix, Sand, Talkum, Glas, Gewürze, Blei, Phosphor/Kaliumdünger, Schimmel.

Diskussion: Wir gehen davon aus, dass die beschriebenen Lungenveränderungen Folge eines regelmäßigen Konsums von mit partikelhaltigen Streckmitteln verunreinigtem Cannabis sind. Gängige Streckmittel, wie u. a. Talkum und Sand, sind in der Lage Fremdkörperreaktionen, wie die Ausbildung einer granulomatösen Entzündung, hervorzurufen.

Auf Grund des wachsenden Cannabiskonsum in der Gesellschaft, insbesondere bei jungen Erwachsenen, lohnt ein Hinweis auf diese seltene Ursache interstitieller Lungenparenchymveränderungen.