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DOI: 10.1055/s-0040-1714018
Maschinelles Lernen zur Unterstützung im Tumorboard – ein erster retrospektiver Datenbankversuch
Hintergrund: Die Betreuung von Patientinnen in zertifizierten Brustzentren mit einer multidiziplinären Therapieentscheidung in einem sogenannten Tumorboard führt zu einer Steigerung der Rate an leitlinienkonformen Therapieempfehlungen. Die leitlinienkonforme Therapieführt zu nachgewiesenermaßen zu einem verbesserten Überleben der Patientinnen [1]. In der klinischen Realität wird die Tumorkonferenz häufig von Assistenzärzten vorbereitet, eventuelle Rückfragen im Tumorboard werden durch die u. U. vorliegende klinische Akte beantwortet und darauf basierend eine Therapieentscheidung getroffen. Es ist davon auszugehen, dass die Mehrzahl der Fälle ʼStandardʼkonstellationen sind, welche mit entsprechender Vorbereitung zügig entschieden werden können. Hier könnte ein Algorythmus bei der Vorbereitung der Tumorkonferenz den vorbereitenden Assistenzarzt unterstützen und gezielt auf fehlende – entscheidungsrelevante – Parameter hinweisen.
Fragestellung: Kann mit Hilfe des maschinellen Lernens ein Entscheidungsbaumverfahren generiert werden, welches ‚Standardfälle‘ in einem hohen Anteil korrekt klassifiziert?
Material und Methode: Im Rahmen einer Bachelorarbeit wurde ein Datensatz von 579 Mammakarzinomfällen aus einem zertifizierten Brustzentrum als Ausgangsbasis für die Analyse verwendet. Die Variablen Alter, cTNM, pTNM, Hormon- und HER2neu Rezeptoren und Therapieemfpehlungen (Operativ (BAT/Ablatio/SNB/ALNE), Strahlentherapie, Systemtherapie (Chemo-/Antikörper-/Antihormonelle Therapie) wurden zur Erstellung eines Entscheidungsbaumes verwendet. Der frei verfügbare Phyton J48/C4.5 Algorithmus von WEKA analysierte nach entsprechender Programmierung und Erweiterung um die Bibliotheken NumPy, Pandas, Scikit-learn und Matplotlib den Datensatz auf mögliche Zusammenhänge. Die Ergebnisse wurden graphisch als Entscheidungsbaumverfahren dargestellt.
Ergebnisse: Nach Entfernen von inkompletten Datensätzen, sowie Fälle mit beidseitigen Mammakarzinom oder männlichen Patienten verblieben 457 Datensätze. Trotz der geringen Anzahl an Fällen gelang es dem erstellten Algorithmus in manchen Fragestellungen bis zu 80% der Therapieempfehlungen innerhalb von zwei Entscheidungsebenen korrekt zu klassifizieren. Beispielhaft sind in [Abb.1] der Entscheidungsbaum für SNB dargestellt.
Diskussion: Eine Datenbank mit etwa 500 Fällen ist für die Erstellung eines Algorithmus eine gute Ausgangsbasis, idealerweise sollten eine zehnmal so große Datenbank verwendet werden. Die Verwendung von ‚real world‘ Daten führt zu einer hohen Rate an Datensätzen, welche nur durch weitere Entscheidungsknoten klassifiziert werden können. Aus einer derartigen retrospektiven Datenbank ist es für einen Algorithmus z. B. nur schwer nachzuvollziehen, weshalb eine 90 jährige Pat. Eine Mastektomie bei einem kleinen Tumor erhält. Zudem fiel in der Auswertung auf, dass einige der Entscheidungsknoten klinisch irrelevant sind (z. B. Frage nach dem Alter in der dritten Entscheidungsebene) bzw. mit einer größeren Datenbank eine bessere Vorhersagequalität hätten.
Zusammenfassung: Maschinelles Lernen mit open source Software kann mit der entsprechend großen Datengrundlage und medizinischen Fachkenntnissen innerhalb weniger Wochen einen Entscheidungsbaum erstellen, welcher einfache klinische Entscheidungen in Standardfällen unterstützen kann. Diese einfache Unterstützungsmöglichkeit kann zu einer verbesserten Datenqualität für die Tumorboardanmeldung und Zeitersparnis in der Sitzung führen.
Publication History
Article published online:
14 July 2020
Georg Thieme Verlag KG
Stuttgart · New York
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Literatur
- 1 Schwentner L, Wöckel A, König J. et al. Adherence to treatment guidelines and survival in triple-negative breast cancer: a retrospective multi-center cohort study with 9,156 patients. BMC Cancer 2013; 13: 487