Zeitschrift für Palliativmedizin 2020; 21(05): e48
DOI: 10.1055/s-0040-1715205
Projekte/Best Practice
Stationäre Patientenversorgung

Der Übergang zur palliativen Behandlung als sozialer Prozess - eine qualitative Studie zur Therapiezieländerung im Krankenhaus [307]

S Schwabe
1   Klinik für Palliativmedizin, Universitätsklinikum Bonn, Bonn, Deutschland
2   Institut für Allgemeinmedizin, Medizinische Hochschule Hannover, Hannover, Deutschland
,
H Brunsch
1   Klinik für Palliativmedizin, Universitätsklinikum Bonn, Bonn, Deutschland
,
B Jaspers
3   Klinik für Palliativmedizin, Universitätsklinikum Bonn, Bonn, Deutschland
4   Klinik für Palliativmedizin, Universitätsmedizin Göttingen, Göttingen, Deutschland
,
I Schnitzler
3   Klinik für Palliativmedizin, Universitätsklinikum Bonn, Bonn, Deutschland
,
L Radbruch
3   Klinik für Palliativmedizin, Universitätsklinikum Bonn, Bonn, Deutschland
5   Zentrum für Palliativmedizin, Malteser Krankenhaus Seliger Gerhard Bonn/Rhein-Sieg, Bonn, Deutschland
› Institutsangaben
 

Fragestellung Die frühzeitige Integration der Palliativversorgung im Krankheitsverlauf wirkt sich positiv auf die Lebensqualität von Patienten und ihre Angehörigen aus. In der Praxis erfolgt die Integration der Palliativversorgung oft zu spät. Wie vollzieht sich der Übergang zur palliativen Behandlung im Krankenhaus auf der Ebene von sozialen Praktiken?

Studiendesign Im Rahmen des BMBF-geförderten Forschungsprojekts CoPaPa (FKZ: 01GY1714) wurde eine qualitative Fallstudie auf 2 Stationen im Krankenhaus durchgeführt. Die Studie war als Situationsanalyse (Clarke) angelegt und fokussierte auf Prozesse, Situationen, Akteure und soziale Praktiken beim Übergang zur palliativen Behandlung.

Methodik Von März 2018 bis November 2019 wurden je dreimonatige teilnehmende Beobachtungen auf einer geriatrischen und einer onkologischen Station sowie insgesamt 30 Leitfadeninterviews mit Mitarbeitenden (Ärzte, Pflegekräfte, Therapeuten, Sozialarbeitern) durchgeführt. Es wurden Feldtagebücher geführt und Behandlungsverläufe dokumentiert; alle Interviews wurden digital aufgezeichnet und wörtlich transkribiert und mit MAXQDA nach Grounded Theory kodiert.

Ergebnis Der Übergang zur palliativen Behandlung ist durch 3 zentrale Vergleichsdimensionen moderiert: a) Organisationsstruktur, b) Kommunikationskultur und c) Thematisierung von Palliativversorgung und Sterben. Die Strukturen auf der Geriatrie wirkten sich förderlich auf eine frühzeitige, konsensorientierte und teamgestützte Therapiezieländerung aus; die onkologischen Strukturen begünstigten effiziente und klinisch begründete Therapiezieländerungen.

Diskussion Der Übergang zur palliativen Behandlung ist ein komplexer sozialer Prozess. Eine Verbesserung der Frühintegration darf sich nicht nur auf medizinische Fragen beschränken, sondern sollte organisatorische, kulturelle und kommunikative Aspekte berücksichtigen.

Take Home Message für die Kongressbesucher Organisationsstruktur, Kommunikationskultur und die Thematisierung von Palliativversorgung und Sterben in einer Abteilung wirken sich auf den Übergang zur palliativen Behandlung im Krankenhaus aus.



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
31. August 2020

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