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DOI: 10.1055/s-0040-1717292
Peer Support - Strukturierter Umgang mit schwerwiegenden Ereignissen
Fragestellung Schwerwiegende Ereignisse, d. h. Situationen in denen Patienten, Angehörige, Mitarbeiter oder die Klinik als Organisation in eine krisenhafte, potenziell dramatisierende oder justiziable Situation geraten, werden von den Beteiligten häufig als emotional stark belastend wahrgenommen. Typische Beispiele sind ein tragischer (unerwarteter) Todesfall eines Patienten, Suizid von Patienten oder Mitarbeitern, schwere Betriebsunfälle, schwere Behandlungsfehler, Beinahe-Fehler oder Gewaltübergriffe.
Meistens sind mehrere Personenkreise betroffen. Die klassischen Strategien zielen dabei auf eine optimale Versorgung des betroffenen Patienten und der Angehörigen (first victim). Mögliche Folgen bei den beteiligten Mitarbeitern (second victim) standen bisher weniger im Fokus.
Als Arbeitgeber steht die Klinik in der Fürsorgepflicht gegenüber Mitarbeitern. Dies gilt auch hinsichtlich psychischer Belastungen am Arbeitsplatz und hieraus abzuleitenden Präventionsmaßnahmen (§5 ArbSchG).
Auch einige Landesärztekammern fordern inzwischen die Einführung von Kriseninterventionsteams für Mitarbeiter. Um Schäden aller Art für die beteiligten Personen möglichst gering zu halten, wurde in Kooperation mit der Bayerischen Landesärztekammer ein strukturierter Umgang mit solchen Ereignissen an der Klinik entwickelt, eingeführt und seit 3 Jahren im Alltag gelebt.
Methodik In Kooperation mit dem Verein PSU-Akut e.V. (Psychosoziale Kompetenz und Unterstützung in der Akutmedizin) wurde vor drei Jahren erstmalig ein Peer basiertes Betreuungssystem für Mitarbeiter entwickelt. Das hieraus entstandene Schulungsprogramm wurde Ärzten aus operativen Fachrichtungen und der Anästhesie, sowie Mitarbeiter aus dem Bereich der Pflege angeboten. Aus allen Bereichen haben Mitarbeiter eine entsprechende Peer Weiterbildung durchlaufen und stehen seither nach schwerwiegenden Ereignissen als Ansprechpartner zur Verfügung. Die Schulungen werden ergänzt durch regelmäßige Besprechungen im Klinik-Peer-Team als Intervision, sowie periodische und einsatzbezogene Supervisionen.
Bei der Entwicklung des Konzepts hat sich als zentrales Element die Enttabuisierung von Fehlern herausgestellt.
Ergebnisse und Schlussfolgerung Die Implementierung eines Peer-Support-Systems hat sich während der letzten 30 Monate bewährt. Die strukturierte Aufarbeitung von schwerwiegenden Ereignissen bis hin zur Vermittlung professioneller Hilfe hat zu einer deutlich gebesserten Bewältigungsstrategie bei den Mitarbeitern geführt. Indikatoren für die Wirksamkeit des
Peer-Support-Systems sind kürzere Arbeitsausfälle in Zusammenhang mit schwerwiegenden Ereignissen, sowie das durchweg positive Feedback in den Mitarbeiterbefragungen. Ideen, die im Rahmen der Aufarbeitung dieser Ereignisse entstehen, fliesen in die Verbesserung von Prozessen ein.
Stichwörter Peer Support System, Second Victim, Fehler, Fehlerkultur, CIRS,
Publication History
Article published online:
15 October 2020
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Georg Thieme Verlag KG
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