Z Orthop Unfall 2020; 158(S 01): S168
DOI: 10.1055/s-0040-1717750
Vortrag
DKOU20-788 Schwerpunktthemen>11. Register in O&U

Stellt die Einnahme von gerinnungsaktiven Substanzen einen unabhängigen Prädiktor für das Erleiden eines schweren SHTs beim geriatrischen Patienten dar? - Eine Analyse aus dem Traumaregister der DGU ®

N Eibinger
*   präsentierender Autor
1   Universitätsklinik für Orthopädie und Traumatologie, Graz
,
B Hallmann
2   Universitätsklinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin, Graz
,
P Puchwein
3   Medizinische Universität Graz, Graz
,
Seibert FJ
1   Universitätsklinik für Orthopädie und Traumatologie, Graz
,
R Lefering
4   IFOM Universität Witten/Herdecke,, , Köln
,
K Sprengel
5   Klinik für Traumatologie Universitätsspital Zürich, Zürich
,
H-C Pape
5   Klinik für Traumatologie Universitätsspital Zürich, Zürich
,
KO Jensen
5   Klinik für Traumatologie Universitätsspital Zürich, Zürich
› Author Affiliations
 

Fragestellung Das Schädel-Hirn-Trauma (SHT) des geriatrischen Patienten wird sich in den kommenden Jahren, aufgrund der demographischen Entwicklung in Europa zu einer der größten Herausforderungen für die Traumatologie entwickeln. Gleichzeitig steigt die Inzidenz an Patienten mit gerinnungsaktiven Substanzen. Ziel der Studie war es herauszufinden, ob die Einnahme gerinnungsaktiver Substanzen das Risiko ein schweres SHT zu erleiden erhöht.

Methodik Inkludiert wurden alle europäischen Patienten aus dem Traumaregister der DGU über 65 Jahren welche ein stumpfes SHT (AISKopf >2) ohne relevante Begleitverletzung (AISübrige Regionen <2) im Zeitraum von 2015 bis 2019 erlitten haben, bei denen eine vollständige Dokumentation der Gerinnungsmedikation vorhanden war.

Die inkludierten Patienten wurden je nach eingenommener Gerinnungsmedikation in 5 Gruppen (1. Keine, 2. Thrombozytenaggregationshemmer(TAH), 3. Vitamin K-Antagonisten, 4. NOAKs/DOAKs, 5. Heparine). Die statistische Auswertung erfolgte mittels multivariater Regressionsanalyse.

Ergebnisse und Schlussfolgerung Es erfüllten 10.559 Patienten die Einschlusskriterien. Das Durchschnittsalter betrug 78,8 Jahre. Die häufigste Unfallursache war der Sturz aus niedriger Höhe (72,6 %) gefolgt vom Fahrradunfall (9,3 %). Zum Zeitpunkt des Unfalls hatten rund 42.2 % keine Gerinnungsmedikation. 29,8 % nahmen TAH, 15,3 % Vit. K-Ant., 11,2 % NOAK/DOAK und 1.5 % Heparine ein. Es zeigte sich, dass die OR zum Erlangen eines schweren SHT verglichen mit den Patienten ohne Medikation in der Vit. K-Ant. Gruppe bei 1,428 (p=0,000), in der NOAK Gruppe bei 1,236 (p=0,005),in der Heparin Gruppe bei 1,105 (p=0,560) und in der TAH Gruppe bei 1,034 (p=0,529) lag, unabhängig vom Traumamechanismus, ASA, Alter, Geschlecht.

Es zeigt sich, dass die Einnahme von gerinnungsaktiven Substanzen, insbesondere von Vit. K-Ant. und NOAKs, sowohl das Risiko für das Erleiden eines schweren SHTs erhöhen unabhängig vom Traumamechanismus, ASA, Alter, Geschlecht. In Zusammenschau mit der bei weitem häufigsten Unfallursache der Sturz aus geringer Höhe ist, sollte daher die Verschreibung Gerinnungsaktiver Substanzen bei älteren Patienten mit erhöhten Sturzrisiko kritisch abgewogen werden. Zusätzlich wird die Unfallprävention einen noch wichtigeren Stellenwert in Zukunft einnehmen müssen.

Stichwörter Traumaragister, SHT, Geriatrischer Patient



Publication History

Article published online:
15 October 2020

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