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DOI: 10.1055/s-0040-1717759
Das Well Leg Compartment Syndrom in O&U: Eine unerwartete Komplikation
Fragestellung Das Well Leg Compartment Syndrom (WLCS) beschreibt das Kompartmentsyndrom der unteren Extremität ohne zuvor stattgehabtes direktes Trauma. Die Pathophysiologie ist nicht abschließend geklärt und die Literatur zeigt nur 5 Fälle. Ziel der Untersuchung ist die Analyse aktueller Literatur, Identifikation der Risikofaktoren und am Fallbeispiel Handlungsempfehlungen zu geben.
Methodik Klinischer Fallbericht mit Literaturanalyse mit Pubmed- und Leitlinien-Recherche.
Ergebnisse und Schlussfolgerung Wir berichten über eine neunjährige Patientin die 24h nach stumpfem abdominellem Trauma und Packing bei Leberlazeration als Sekundärverlegung zu verlegt wurde. 48h nach dem unmittelbar durchgeführten second-look und dem Entfernen der Bauchtücher präsentierte diese ein WLCS beider Unterschenkel. Es erfolgte die unmittelbare laterale Kompartmentspaltung aller Kompartimente beider Unterschenkel. Im Verlauf mussten beide Tibialis anterior und Peroneus Logen partiell reseziert werden. Eine Literaturrecherche zeigt, dass wir den bislang einzigen Fall eines bilateralen WLCS nach kindlichem abdominellem Trauma beschreiben. Es wurden fünf Kasuistiken eines unilateralen WLCS nach Operationen in Rückenlage gefunden. Dabei entfallen drei Fälle auf ein WLCS nach abdominalchirurgischen Eingriffen, wovon ein weiterer pädiatrischer Fall mit WLCS nach Packing nach Damage Control (DC) hervorzuheben ist. Zeitpunkt eines WLCS nach elektiven Operationen zeigt sich 12h postoperativ, wohingegen bei traumatisch bedingten abdominellen Notfalloperationen das WLCS verzögert auftritt. Dies unterstützt die Hypothese, dass es sich um ein Reperfusionskompartment nach Erholung des intraabdominellen Drucks handelt. Wir vermuten, dass junge Patienten hierbei besonders durch Packing und einen erhöhten intrabadominellen Druck gefährdet sind. Bei abdominellem Trauma mit unkontrollierbarer Blutung ist die Notfall-Laparotomie mit Packing nach Advanced Pediatric Life Support (APLS) empfohlen. Es bleibt zu beachten, dass immer die anatomischen und physiologischen Besonderheiten bei diesem DC Verfahren berücksichtigt werden sollten. Die Anzahl der Bauchtücher sollte der jeweiligen Anatomie angepasst sein und bei erreichter Blutungskontrolle der persistierende venöse Rückfluss über V. cava und Pfortader, sowie die arterielle Perfusion der Nachbarorgane sichergestellt sein. Das abdominelle Packing eines Kindes sollte nur in der Stabilisierungsphase nach DC im Rahmen des APLS oder für eine zeitgerechte Sekundärverlegung in ein weiter betreuendes Zentrum Anwendung finden. Nach Leitlinie soll nach Packing eine second-look Operation nach 24h erfolgen. Wir identifizieren das junge Patientenalter und das intraabdominelle Packing als Risikofaktoren für eine intraabdominelle Druckerhöhung. Weitere Risikofaktoren konnten nicht identifiziert werden. Wir vermuten ein Reperfusionskompartment als Ursache eines WLCS nach Packing. Wir empfehlen eine frühzeitige Revision und engmaschige Kompartmentkontrollen, sowie sofortige Kompartmentspaltung bei WLCS.
Stichwörter Kompartmentsyndrom, abdominelles Trauma, Well Leg Compartment Syndrom, Advanced Pediatric Life Support
Publication History
Article published online:
15 October 2020
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Georg Thieme Verlag KG
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