Zusammenfassung
Anamnese und klinischer Befund | Innerhalb von zwei Monaten traten in Stuttgart zwei Fälle der sehr selten diagnostizierten Infektion mit Streptobacillus moniliformis (Rattenbiss- oder Haverhill-Fieber) auf. Der erste Patient zeigte mit Fieber und Arthralgien typische Symptome. Dagegen war die zweite Patientin afebril, mit starken Rückenschmerzen und Müdigkeit als einzigen Symptomen. Keiner der beiden berichtete über einen Rattenbiss oder andere Tierkontakte.
Untersuchungen | Beim ersten Patienten ergab die körperliche Untersuchung keinen Infektfokus. Weitere Untersuchungen konnten nicht durchgeführt werden. Die Verdachtsdiagnose lautete daher zunächst „unklarer, am ehesten viraler Infekt“. Bei der zweiten Patientin wurde sonografisch ein Harnstau der rechten Niere nachgewiesen; bei gleichzeitigem Nachweis von Escherichia coli im Urin wurde eine Pyelonephritis angenommen. Laborparameter waren in beiden Fällen nicht hinweisgebend. Der Erregernachweis gelang bei beiden Patienten durch Blutkulturen sowie anschließende massenspektometrische Identifizierung, jedoch erst nach Entlassung der Patienten.
Therapie und Verlauf | Der erste Patient verließ am Tag nach Aufnahme gegen ärztlichen Rat die Klinik. Der Zustand der zweiten Patientin besserte sich unter Therapie mit Ciprofloxacin und Metamizol; sie wurde nach fünf Tagen mit der Empfehlung der Fortsetzung der Antibiotikatherapie entlassen.
Folgerung | Fälle von Rattenbiss- oder Haverhill-Fieber sind schwierig zu diagnostizieren, sofern kein Rattenbiss anamnestisch bekannt ist. Seroprävalenzdaten zu Infektionen mit S. moniliformis wären wünschenswert, um abschätzen zu können, wie häufig atypische oder subklinische Fälle dieser potenziell tödlich verlaufenden Infektion unerkannt auftreten.
Abstract
Medical history and clinical findings | Two cases of the rarely diagnosed Streptobacillus moniliformis infection (rat bite or haverhill fever) emerged within two months in Stuttgart. The first patient presented with typical symptoms, i. e., fever and arthralgia. The second patient, however, was afebrile with severe back pain and fatigue as only symptoms. None of the patients reported rat bites or other animal contacts.
Examinations | Physical examination did not reveal any focus of infection in the first patient. Further examinations could not be completed. Suspected diagnosis was therefore “unclear, most likely viral infection”. In the case of the second patient, ultrasound revealed an engorged right kidney and urinary obstruction. Upon concomitant detection of Escherichia coli in the urine, pyelonephritis was suspected. Laboratory parameters were not indicative in neither case. Detection of the infectious agents was accomplished by blood cultures and subsequent identification by mass spectrometry, albeit after discharge of the patients.
Treatment and course | The first patient left the hospital against the doctors’ advice the day after his admission. The second patient improved under ciprofloxacin and metamizole therapy and was discharged after five days with the recommendation to continue the antibiotic therapy.
Conclusion | Cases of rat bite or haverhill fever are difficult to diagnose when no rat bites are recognized. Seroprevalence data of S. moniliformis infection would be desirable to estimate how often atypical or subclinical cases of this potentially lethal infection go undiagnosed.
Schlüsselwörter
Streptobacillus moniliformis - Rattenbissfieber - Haverhill-Fieber - Zoonose
Keywords
streptobacillus moniliformis - rat bite fever - haverhill fever - zoonosis