Dtsch Med Wochenschr 2015; 140(18): e186-e193
DOI: 10.1055/s-0041-103170
Fachwissen
Originalarbeit
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Die Rolle von Ethikkommissionen für die nationale Versorgungsforschung – eine Querschnittsstudie des Aufwandes zur Erlangung von Sekundärvoten anhand der DACAPO-Studie

Role of Institutional Review Boards for multi-centre studies in national health services research – a cross-sectional study of the effort to obtain secondary ethical approvals for the DACAPO study
Sebastian Blecha*
1   Klinik für Anästhesiologie, Universitätsklinikum Regensburg
,
Kathrin Thomann-Hackner*
1   Klinik für Anästhesiologie, Universitätsklinikum Regensburg
,
Susanne Brandstetter
2   Medizinische Soziologie, Institut für Epidemiologie und Präventivmedizin, Universität Regensburg
,
Frank Dodoo-Schittko
2   Medizinische Soziologie, Institut für Epidemiologie und Präventivmedizin, Universität Regensburg
,
Philipp Seboek
2   Medizinische Soziologie, Institut für Epidemiologie und Präventivmedizin, Universität Regensburg
,
Christian Apfelbacher
2   Medizinische Soziologie, Institut für Epidemiologie und Präventivmedizin, Universität Regensburg
,
Bernhard M. Graf
1   Klinik für Anästhesiologie, Universitätsklinikum Regensburg
,
Thomas Bein
1   Klinik für Anästhesiologie, Universitätsklinikum Regensburg
› Author Affiliations
Further Information

Publication History

Publication Date:
11 September 2015 (online)

Zusammenfassung

Hintergrund | Die Versorgungsforschung stellt eine Grundlage zur kontinuierlichen Verbesserung von Prävention, Diagnostik und Therapie unterschiedlicher Erkrankungen dar. Zur Durchführung von multizentrischen Versorgungsforschungsstudien werden nach Erstellung eines Primärvotums im Rahmen der föderalen Struktur zustimmende Sekundärvoten von Ethikkommissionen (EK) benötigt. Dieses Vorgehen kann zeit- und personalaufwändig sein. Das Ziel dieser Studie ist es, die Komplexität von Beantragungsmodalitäten und Kommunikationsprozessen für den Erhalt sekundärer Ethikvoten im Rahmen eines nationalen Versorgungsforschungsprojektes (DACAPO-Studie: „Gesundheitsbezogene Lebensqualität nach Überleben eines akuten Lungenversagens“) zu beschreiben.

Methodik | Nachdem das Primärvotum erteilt worden war, wurden prospektiv über einen Zeitraum von 7 Monaten der zeitliche und personelle Aufwand, die notwendige Korrespondenz, angeforderte Ergänzungen oder Korrekturen und anfallende zusätzliche Kosten bei 34 EK für 64 teilnehmende Studienzentren erfasst. Die Auswertung erfolgte mittels deskriptiver Statistik.

Ergebnisse | Bis zur Erteilung der positiven Bescheide durch die regionalen EK wurden insgesamt sieben Monate benötigt, in diesem Zeitraum waren 440 Arbeitsstunden durch eine wissenschaftliche Kraft erforderlich. Die Dauer für die Erteilung lag im Median bei 25,5 Tagen (25 %/75 %-Quartile = 13 /42 Tage). Die Art der Beantragungsmodalitäten und Anforderungen waren uneinheitlich, in 10 Fällen waren mehrmalige Überarbeitungen der Unterlagen notwendig. Für sekundäre Ethikvoten fielen Gebühren von 4328,40 € an, die Gesamtkosten für die Erteilung der Sekundärvoten beliefen sich für das Studienzentrum Regensburg auf 21 193,40 € (2,6 % des Fördervolumens).

Schlussfolgerung | Die Beantragung von (sekundären) Ethikvoten zur Durchführung nicht-interventioneller Versorgungsforschung ist in Deutschland komplex und zeitaufwändig. Die verschiedenen Formalitäten der Antragstellung können zur Verzögerung der Durchführung wissenschaftlicher Projekte führen, was unter Bedingungen zeitlich begrenzter Drittmittelförderungen problematisch sein kann. Eine Überarbeitung bzw. Reform mit möglicher Vereinheitlichung der Beantragung für Ethikvoten wäre sinnvoll und wünschenswert.

Abstract

Background: Health services research (HSR) is of fundamental importance for the continuous improvement of preventive, diagnostic or therapeutic measures. The conduct of multi-centre HSR studies requires that ethical approval by Institutional review boards (IRB’s) is obtained. We documented the effort, the complexity and the man power necessary to obtain secondary ethical approval for a national HSR in Germany (“Surviving the Acute Respiratory Distress Syndrome” [DACAPO-study]).

Methods: Having obtained a primary ethical approval by the IRB of Regensburg University, the time, correspondence, necessity for amendments, corrections, or additional costs by 34 IRB’s for 64 participating study centers was documented.

Results: The complete obtainment was found to be time consuming and associated with a high workload and man power. A time span of seven month was needed to receive votes from all IRB’s. The median time span was 25,5 days (25 %/75 % percentile 13 and 42 days, respectively). Requirements in terms of corrections or amendments were inhomogeneous and frequent changes were necessary. There were additional fees for secondary votes of 4328,40 €. Total costs for the study center Regensburg were 21.193,40 € (2,6 % of the grant volume).

Conclusion: Obtaining all ethical approvals for a multi-centre observational HSR study in Germany is complex and time consuming. Various and inhomogeneous formalities may delay the plan and realization of HSR. A Homogenization and simplification of the procedure of ethics votes should be discussed.

* SB und KTH teilen sich die Erstautorenschaft


Supporting Information