Aktuelle Urol 2016; 47(03): 247-267
DOI: 10.1055/s-0041-108888
Operative Techniken
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Thrombektomie bei Nierentumoren

A. Haferkamp
1   Universitätsmedizin Mainz, Klinik für Urologie
,
I. Tsaur
1   Universitätsmedizin Mainz, Klinik für Urologie
,
A. Bachmann
2   Universitätsspital Basel, Urologische Klinik
,
C. G. Stief
3   Klinikum der Universität Großhadern, Urologische Klinik, München
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
07. Juni 2016 (online)

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▶ Einleitung

Bei 4–10% der Patienten mit einem Nierenzellkarzinom lässt sich eine intrakavale Ausbreitung des Karzinoms im Sinne eines sog. Tumorthrombus nachweisen, der den Operateur je nach kranialer Extension vor eine operative Herausforderung stellt. Oftmals bedarf es hier einer interdisziplinären Kooperation. Bis zu 2% der Patienten zeigen eine Ausdehnung des Tumorthrombus bis in den Bereich des rechten Vorhofs. Die onkologische Rationale für ein aggressives chirurgisches Management dieser besonderen Patientengruppe liegt darin begründet, dass effektive systemische medikamentöse Therapieverfahren wie Chemotherapie oder Immunchemotherapie fehlen und dass tumorspezifische 5-Jahres-Überlebensraten von ca. 60% bei kompletter Resektion erzielt werden können. Mit zunehmender chirurgischer Erfahrung auf dem Gebiet der Thorax-, Leber- und Herzchirurgie ist eine vollständige chirurgische Entfernung auch großer supradiaphragmaler oder intraatrialer Tumorthromben möglich.

Wesentliche Grundlage einer effektiven und unter kurativer Intention indizierten Operation ist eine suffiziente bildgebende Diagnostik, die eindeutig die Fragen nach

  • der kranialen Extension des Tumorthrombus,

  • der Invasion oder Infiltration der Kavawand,

  • der Präsenz von lokoregionären oder systemischen Metastasen

beantwortet. Abhängig von der kranialen Ausdehnung des Thrombus ist der operative Zugangsweg zu wählen und ggf. ein interdisziplinäres operatives Vorgehen zu planen. Die kraniale Thrombusextension wird in aller Regel in 4 anatomische Höhen differenziert ([Abb. 1]).

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Abb. 1

Nachdem die radikale Tumornephrektomie in Kombination mit einer Thrombektomie abhängig von der kranialen Extension des Thrombus einen Eingriff mit durchaus hoher operativer Morbidität und Mortalität darstellt, bedarf es neben der onkologischen Abklärung einer umfassenden Abklärung insbesondere der kardiopulmonalen Komorbiditäten und des Allgemeinzustands des Patienten. Bei geplantem thorakoabdominalen Vorgehen wegen eines Level-III/IV-Tumorthrombus ist bei einer Herzinsuffizienz NYHA Grad III/IV, bei Zustand nach apoplektischen Insult, chronisch-obstruktiver Lungenerkrankung oder Angina pectoris mit einer signifikant erhöhten perioperativen Komplikations- und Mortalitätsrate zu rechnen, sodass die Indikation zu diesem Eingriff sehr kritisch gestellt werden muss.