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DOI: 10.1055/s-0041-108904
Hüftgelenk – Arthrose und Arthritis
Hip joint – osteoarthritis and inflammatory disordersPublikationsverlauf
Publikationsdatum:
15. Dezember 2015 (online)
Zusammenfassung
Bei etwa 5 % aller Menschen besteht im Laufe des Lebens Behandlungsbedarf wegen einer Hüftarthrose. Moderne Konzepte zur Ätiologie basieren auf einer multifaktoriellen Erkrankungsgenese. Risikofaktoren sind das femoroazetabuläre Impingement, die Hüftdysplasie, das Alter, genetische, biomechanische und entzündliche Faktoren, aber auch Übergewicht, Osteoporose, kardiovaskuläre und Stoffwechselerkrankungen. Im Sinne der Primärprävention sollten diese Risikofaktoren, wenn möglich, ausgeschaltet werden. Eine sorgfältige klinische und röntgenologische Diagnostik ermöglicht meist eine suffiziente differenzialdiagnostische Zuordnung und Stadieneinteilung. Die klinische Untersuchung der Hüfte sollte strukturiert unter Berücksichtigung der angrenzenden anatomischen Regionen und unterschiedlichen Weichteil- und Knochenstrukturen erfolgen. Schnittbildverfahren können als ergänzende Untersuchung nach der konventionellen Röntgenaufnahme zur Beurteilung von Gelenkstrukturen sowie zur alternativen Vermessung der Schenkelhals- und Pfannentorsion indiziert sein. Eine MRT mit radiären Sequenzen ist für die detaillierte Beurteilung eines femoroazetabulären Impingements erforderlich. Am Beginn des Behandlungskonzeptes steht die konservative Therapie mit einer Vielzahl kombinierbarer pharmakologischer und nichtpharmakologischer Maßnahmen. Können die Beschwerden damit nicht ausreichend gelindert werden, bestehen operative Therapieoptionen – als gelenkerhaltender Korrektureingriff, als endoprothetischer Gelenkersatz oder selten auch als ersatzlose Entfernung zerstörter Gelenke oder Arthrodese. Bestehen Hüftgelenkbeschwerden, die auf eine beginnende Knorpelschädigung infolge einer mechanischen Ursache zurückgeführt werden können, sollte immer die Indikation für gelenkerhaltende Operationsmaßnahmen geprüft werden.
Bei erfolgloser konservativer Behandlung und entsprechendem Leidensdruck kann dem Patienten die Implantation einer Endoprothese angeboten werden. In Abhängigkeit von Alter, Aktivität und Knochenqualität stehen unterschiedliche Verfahren zur Verfügung.
Die wichtigste Differenzialdiagnose zur Koxarthrose bei bestehender Hüftsymptomatik ist die Arthritis. Ihre Ursachen sind je nach Lebensalter unterschiedlich. Unbehandelte Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises oder septische Koxitiden können zu einer raschen Knorpeldestruktion führen. Daher hat die differenzierte Frühdiagnostik und schnelle adäquate Therapie einen sehr großen Stellenwert. Kommt es dennoch zur Gelenkdestruktion, muss letztlich ebenfalls der Gelenkersatz in Betracht gezogen werden.
Abstract
During lifetime around 5 % of all people are treated due hip osteoarthritis (OA). Current discussions about the etiology of hip osteoparthritis are based on multifactorial concepts. Main risk factors for the development of OA include femoroacetabular impingement (FAI) and hip dysplasia. Further risk factors like age, genetic, biomechanical and inflammatory components as well as obesity, osteoporosis, cardiovascular and metabolic are also contributing to the development as well as progression of OA. Regarding primary prevention these risk factors should be eliminated.
In the majority of cases a differential diagnosis and classification is possible by exact clinical and radiologic investigation.
A structured clinical examination of the hip joint with reference to adjacent anatomical areas is essential. Radiographs are the basic imaging technique, MRI and/or CT scans are supplementive in order to more closely evaluate the joint and soft tissue morphology as well as torsion of the femoral neck and acetabulum. Radial-sequence magnetic resonance imaging is necessary to classify femoroacetabular impingement.
Current treatment algorithms are available according to evidence based recommendations. Conventional treatment options at the onset of hip OA include pharmacologic and non- pharmacologic approaches. Reconstructive surgical options have to be considered in morphologic abnormalities with limited degenerative changes (i. e. osteotomies and mini-invasive treatment of dysplasia and FAI). In more advanced OA-stages, joint replacement is recommended, if conservative options fail and joint preserving surgery is not possible.
Primary inflammatory hip joint disorders (i. e. rheumatic or septic disorders) are important differential diagnoses to hip OA and should be diagnosed carefully.
Koxarthrose
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Risikofaktoren der Koxarthrose sind neben dem Alter, genetische, biomechanische und entzündliche Faktoren, aber auch Übergewicht, Osteoporose, kardiovaskuläre und Stoffwechselerkrankungen. Zu den mechanischen Risikofaktoren zählen das femoroazetabuläre Impingement (Cam und/oder Pincer Deformität) sowie die Hüftdysplasie.
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Leitsymptom der Koxarthrose ist der Schmerz (meist in der Leistengegend) sowie Bewegungseinschränkung und Gangstörung. Die Diagnostik umfasst nach der Anamnese die Inspektion und Prüfung des Gangbilds, die klinische Untersuchung (Palpation, Beweglichkeit, Funktionstests). Als bildgebendes Verfahren sollte das Röntgen des Hüftgelenks in 2 Ebenen (Deformitäten, CCD-Winkel, Arthrosezeichen, Schweregradeinteilung) und in einigen Fällen als ergänzende Diagnostik die Schnittbildgebung, insbesondere die MRT (Beurteilung des Labrums und eines femoroazetabulären Impingements) erfolgen.
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Die Therapie der Koxarthrose beginnt i. d. R. mit konservativen Maßnahmen; Operationen sind sinnvoll, wenn als „vorbeugender“ Eingriff der Verlauf der Arthrose damit verlangsamt werden kann oder die Beschwerden mit konservativen Maßnahmen nicht ausreichend gelindert werden können. Dabei können gelenkerhaltende von gelenkersetzenden Operationen unterschieden werden.
Arthritis
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Bei der Arthritis steht die inflammatorische Komponente ätiopathogenetisch im Vordergrund und es kommt erst sekundär zu Knorpelschäden. Mögliche Ursachen sind bakterielle Infekte, rheumatische Entzündungen oder metabolische oder endokrine Störungen. Eine Sonderform ist die Coxitis fugax als transiente Synovitis im Kindesalter.
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Diagnostisch sind die Entzündungswerte bei der Arthritis oft erhöht. Die Bestimmung des Rheumafaktors kann eine diagnostische Hilfe bieten. Stoffwechselbedingte und sonstige Arthropathien lassen sich ggf. über spezifische Laborparameter nachweisen. In der Bildgebung spielt neben Röntgen und MRT auch die Sonografie eine Rolle (Ergussnachweis).
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Bei der Arthritis sind die differenzierte Frühdiagnostik und eine schnelle adäquate Therapie wichtig, um eine rasche progrediente Knorpelzerstörung zu verhindern.
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