Dtsch Med Wochenschr 2016; 141(16): 1173-1176
DOI: 10.1055/s-0041-109012
Fachwissen
Kasuistik
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Akutes Leberversagen nach Einnahme von Ciprofloxacin

Acute liver failure after ingestion of ciprofloxacin
Dominic Kaddu-Mulindwa
1   Innere Medizin I, Klinik für Onkologie, Hämatologie, klinische Immunologie und Rheumatologie, Universitätsklinikum des Saarlands, Homburg / Saar
,
Frank Lammert
2   Innere Medizin II, Klinik für Gastroenterologie Hepatologie, Endokrinologie, Diabetologie und Ernährungsmedizin, Universitätsklinikum des Saarlands, Homburg / Saar
,
Alexander Maßmann
3   Klinik für Radiologie und Interventionelle Radiologie, Universitätsklinikum des Saarlands, Homburg / Saar
,
Andreas Link
4   Innere Medizin III, Klinik für Kardiologie, Angiologie und internistische Intensivmedizin, Universitätsklinikum des Saarlands, Homburg / Saar
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Publication Date:
10 August 2016 (online)

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Zusammenfassung

Anamnese und klinischer Befund: Eine 23-jährige Patientin wird mit dem Verdacht auf ein akutes Leberversagen in ein Krankenhaus der tertiären Versorgung verlegt. Vorausgegangen war die Einnahme von Ciprofloxacin (2 × 500 mg / Tag) über zwei Tage aufgrund von unspezifischen Allgemeinsymptome (Übelkeit und Erbrechen). Die Beschwerden bestanden bereits seit einer Woche. Anfangs ist die Patientin neurologisch unauffällig, dann vermindert sich die Vigilanz im Verlauf bis hin zum Sopor. Bis auf eine Appendektomie im Jugendalter sind keine Vorerkrankungen bekannt.

Untersuchungen: Die initiale körperliche und klinisch-neurologische Untersuchung ergibt keine auffälligen Befunde, außer einem Sklerenikterus und diskreten rechtsseitigen Oberbauchschmerzen. Laborchemisch zeigen sich deutlich angestiegene Transaminasen sowie eine Hyperammonämie und -bilirubinämie. Das toxikologische Screening ist unauffällig.

Therapie und Verlauf: Es wird die Diagnose eines akuten, möglicherweise medikamentös induzierten, Leberversagens gestellt. Sofort wird eine Ammoniakdetoxifikation mit Laktulose eingeleitet. Die transjuguläre Leberbiopsie ergibt eine ausgeprägte, mit erheblichen Zytolysen einhergehende lobuläre Hepatitis. Bei progredienter Vigilanzminderung wird eine Hirnödemtherapie mittels Glycerin und Mannitol eingeleitet. Hierunter steigt die Serumosmolarität, der Ammoniakspiegel sinkt und die Patientin bessert sich neurologisch. Im Verlauf kommt es innerhalb von 48 Stunden zur vollständigen klinischen Rekonstitution und die Lebersyntheseleistung bessert sich.

Folgerung: Nachdem häufige Ursachen ausgeschlossen wurden, sollte bei einem akuten Leberversagen auch an eine Fluorchinolon-induzierte Leberschädigung gedacht und eine exakte Medikamentenanamnese erhoben werden.

Abstract

History and admission findings: A 23-year old female patient is referred to our intensive care unit from another hospital because of progredient neurological deterioration with sopor. One week before, she had experienced non-specific pain in her upper right stomach combined with vomitus and nausea. For two days, she had been treated with ciprofloxacin 2 × 500 mg / d by her primary care physician. Except for appendectomy in childhood, no other diseases were reported.

Clinical investigation: Physical examination reveals mild scleral and dermal jaundice. There is tenderness of the upper right abdomen. Initially, no neurological pathological findings are obvious. Laboratory results show an increase of liver aminotransferases, bilirubin, and ammonia. The toxicological screening is negative.

Treatment and course: Hepatic encephalopathy due to acute hepatic failure is diagnosed and detoxification of ammonia with lactulose is started. Transiugular liver biopsy confirms lobular hepatitis with cytolysis. Because of progressive deterioration additional treatment to prevent cerebral oedema is initiated. Consecutively serum osmolality decreases, and ammonia and neurological status normalize.

Conclusion: This report illustrates toxic acute liver failure after treatment with ciprofloxacin.